wenn das Runde eckig wird

Meine Lieben, ich würde mal behaupten, ich bin wohl die Queen der kryptischen Beitragstitel – was das Dämlichste ist, was man eigentlich machen kann, so SEO betreffend und so. Wahrscheinlich würde es tatsächlich mehr Sinn machen, wenn jedem durch den Titel sofort klar wäre, worum es in dem Beitrag gleich gehen wird, aber – das wäre so überhaupt nicht ich. Wenn es jemand gibt, der so richtig beratungsresistent ist, dann bin das wohl ich. Aber ich lebe ganz gut damit und das nun – so und nun Trommelwirbel, jetzt kommt die große Auflösung, worum es in diesem Beitrag nun gehen wird – ich lebe nun seit vierzig Jahren sehr gut mit all meinen Eigenheiten, Verschrobenheiten und Andersartigkeiten.

So und bei wem klingelt es jetzt schon, warum das Runde nun eckig wird – ich setze da ja vollstes Vertrauen in die Kombinationsgabe von euch allen – denn ganz genau, wenn der letzte Dreier sich langsam aber sicher zu einem Vierer verformt, dann wird das Runde nunmal eckig oder etwa nicht.

WENN DAS RUNDE ECKIG WIRD

Irgendwann im Frühling hatte ich eigentlich fix vor, direkt zu meinem Geburtstag einen Beitrag mit meinen Gedanken zum Älterwerden zu teilen. In meinem ersten Jahr habe ich einen solchen “Geburtstagsbeitrag” geschrieben mit ganz vielen Fakten zu mir, daraufhin hatte ich mir jedes Jahr erneut vorgenommen, wieder so einen Beitrag zu schreiben, aber ich weiß auch nicht, irgendwie hat mir der Gedanken dann kurz vor meinem Geburtstag immer nicht mehr so ganz in den Kram gepasst.Ich könnte ja jetzt behaupten, dass ich einfach bescheiden bin und mich nicht so in den Vordergrund drängen wollte – ähm, nö, das war in dem Fall nicht der Grund, denn erstens wäre das für eine Person, die einen persönlichen Blog führt, ziemlich seltsam – einen gewissen Geltungsdrang haben wir wohl alle, sonst würden wir nicht auf diese Art unser Leben teilen – und zweitens, gerade am Geburtstag halte ich überhaupt nichts von Bescheidenheit oder Zurückhaltung. Jeder kann das natürlich halten und sehen, wie er will, aber wenn es einen Tag im Jahr gibt, an dem ich auf meinen Egoismus bestehe, dann ist es dieser. Ich bin nunmal einfach ein ziemlicher Geburtstagsfreak. Naja, trotzdem war es auch in diesem Jahr wieder so, dass ich kurz vor dem großen Tag nicht mehr wusste, was ich euch jetzt eigentlich großartig erzählen wollte, aber jetzt, also kurz danach, weiß ich es dafür umso deutlicher.

Soviel schonmal vorweg – ich hatte einen der allerschönsten, unvergesslichsten und vor allem emotionalsten Geburtstage meines Lebens (da ich gaaaanz viele Fotos davon gemacht habe, kommt dazu noch ein separater Post, wenn ihr wollt). Na, jedenfalls hatte meine Rührseligkeit an diesem Tag einen ganz bestimmten Grund, den ich über Instagram bereits ein klitzekleines Bisschen geteilt hatte und daraufhin so viele Nachrichten bekommen habe, was das nicht für eine schöne Idee sei und dann dachte ich so bei mir – wenn ich das jemandem nicht vorenthalten will, dann seid das wohl in erster Linie ihr und deshalb – wenn das Runde schon eckig wird und sich das Ganze mit ganz vielen Freudentränen und Backflashes vermischt, dann MUSS ich euch natürlich davon erzählen…aber dazu ein bisschen später mehr.

DIE GROSSE VIERZIG

Die große Vierzig – ehrlich gesagt, habe ich mir davor gar nicht so viele Gedanken gemacht. Der Dreißiger war für mich persönlich irgendwie eine viel größere Sache. Vielleicht weil sich in den letzten zehn Jahren tatsächlich die Zeiten irgendwie verschoben haben. Erst kürzlich habe ich wieder eine solche Schlagzeile gelesen – “Fünfzig wäre das neue Dreißig”, somit bin ich also mit meinen vierzig Jahren jetzt zwanzig oder wie?! Etwas verwirrend das alles und deshalb habe ich irgendwann aufgehört, darüber nachzudenken und ich glaube, das ist generell das Klügste, was man tun kann. Aufhören, über so Sinnloses nachzudenken, das man doch nicht ändern kann.

Ja, ich bin nun vierzig und nach wie vor fühle ich mich kein bisschen erwachsen. Vielleicht liegt das an mir persönlich, vielleicht liegt das an meinem Peter Pan Gen, ich weiß es nicht, aber mir ist es so egal, wie alt ich bin. Ich hatte noch nie das Bedürfnis, mich irgendwo jünger zu machen oder mit meinem Alter zu schummeln. Tatsächlich muss ich oft auf die Frage nach dem Alter erstmal überlegen, weil ich es meist vergesse. Ich darf doch bitte einfach nur froh sein, dass ich überhaupt vierzig werden durfte. Zu meiner Geburtsurkunde wurde, soviel ich weiß, kein Garantieschein auf langes Leben mitgeliefert. Ich hatte gesundheitlich auch schon ein bisschen Pech in meinem Leben, aber hey, mir geht es (fast) gut, ich kann laufen, ich kann all meine Sinne benutzen, ich binde mir selbst die Schnürsenkel zu, es könnte mir echt schlechter gehen, denn im Endeffekt ist das Einzige, worum es im Leben geht, genau dieses: L E B E N. Ich lebe und nur das zählt.

Ich habe täglich Essen am Tisch, ich habe ein Dach über dem Kopf (ein sehr, sehr schönes, wie ich betonen möchte, für das ich unendlich dankbar bin), ich habe Musik und Bücher und Gedanken in meinem Leben, ich habe Liebe in meinem Leben, ich habe Familie und Freunde und jede Menge Lieblingsmomente in meinem Leben – Ich habe LEBEN. Und ich habe seit vierzig Jahren Leben in meinem Leben und wenn ich viel Glück habe, dann nochmal vierzig. Wieso also sollte ich mit verzogenen Gesicht durch die Gegend laufen, weil ich “alt werde”. Ich springe und lache und tanze weil ich “alt werde”.

ICH SPRINGE UND LACHE UND TANZE, WEIL ICH “ALT WERDE”

Okay, klar, ich bin “Frau”, natürlich mache ich mir über mein Aussehen Gedanken. Natürlich ist mir das wichtig und es ist mir auch nicht unangenehm, zuzugeben, dass das so ist. Vielleicht sieht das mancher als oberflächlich an, aber jeder soll so denken und leben, wie er möchte. Mir persönlich ist das Aussehen nunmal wichtig und deshalb, das habe ich erst kürzlich erwähnt, springe ich nicht im Kreis, wenn ich eine neue Falte im Spiegel bzw. wohl eher in meinem Gesicht entdecke. Ich freue mich auch nicht auf den Tag, wenn ich mein erstes graues Haar entdecken werde, aber andererseits, wieviele Menschen werden nie die Gelegenheit haben, dieses “Älterwerden” zu erleben, weil sie eben mit 27 einen Autounfall hatten oder mit 34 einer schweren Krankheit erlegen sind. Ich bin vierzig und ich darf mit viel Glück nochmal vierzig Jahre leben und vielleicht noch länger und DAS, wenn man genau darüber nachdenkt, relativiert dann wieder jede Kerbe im Gesicht.

Man nutzt so ein Jubiläum ja auch immer ganz gerne, um zurückzublicken. Was habe ich erlebt, welche Entscheidungen habe ich getroffen, wo stehe ich heute, wo will ich hin. Ich bereue NICHTS. Diesen Gedankengang “Reue” akzeptiere ich einfach nicht. Ja, vielleicht hätte ich die eine oder andere Weggabelung anders nehmen können, aber ich habe keine Zeit mir über unsinnige Gedanken einen Kopf zu machen. Es ist heute egal, ob ich damals eine andere Richtung hätte einschlagen können, ich bin meinen Weg gegangen, so wie ich ihn zu dem Zeitpunkt gehen wollte und er hat mich hierher geführt. Zu mir. Ich habe vielleicht länger gebraucht, herauszufinden, was ich mit meinem Leben anfangen will, aber dazu habe ich sowieso eine ganz andere Einstellung als so mancher.

Ich bin heute an einem Punkt in meinem Leben, den ich so nicht absehen konnte, aber trotz meiner körperlichen Einschränkungen, trotz einiger vielleicht schwieriger Lebensumstände momentan, bin ich so unglaublich zufrieden und glücklich mit mir, mit dem Status Quo, mit dem Ziel, das ich vor Augen habe – eben mit meinem vierzigjährigen Leben und das ist etwas, was ich jedem Menschen wünsche. Dass er nicht immer nur sieht, was er alles noch erreichen oder haben will, sondern, dass er zufrieden und glücklich ist, mit dem, was er hat, wer er ist.

Es gibt nur eines am Älterwerden, von dem ich wünschte, das es anders wäre (abgesehen von der Gesundheit). Ich wünsche mir die Sorglosigkeit der Jugend zurück. Ich war nie ein ängstlicher Mensch mit zwanzig. Okay, das stimmt nicht so ganz, ich war immer schon vorsichtig, aber ich hätte jederzeit einfach so unter freiem Himmel geschlafen, ich wäre in einen Zug eingestiegen, ohne zu wissen, wo ich lande, ich war mutig, habe mir nie Gedanken gemacht, was könnte sein, was, wenn ich mich verletze, was, wenn ich krank werde und das ist leider etwas, was ich vollkommen verloren habe. Heute habe ich viel zuviel Angst vor allem. Zugegeben, dieser Zustand war noch viel extremer und hat mich eine zeitlang ziemlich ausgebremst, allerdings hat er sich nach einer Therapie deutlich verbessert, aber ich möchte daran weiterarbeiten. Ich möchte wieder leichter und vielleicht ein bisschen gedankenloser durchs Leben gehen. Das wünsche ich mir für meinen Zukunft und das ist das einzige Ziel, das ich habe.

Ich möchte kein großes Haus, Pool, Porsche, whatever. Was ich mir für mein Leben wünsche, ist Gesundheit, Mut und nie aufzuhören, das Leben zu leben und zu rocken, wie es kommt. Egal, welche Steine noch in meinem Weg liegen werden, ich wünsche mir einfach nur ein paar gute Wanderschuhe und Wegbegleiter, die mit mir jeden Steilhang meistern. Mehr will ich nicht, mehr brauche ich nicht – und das habe ich und deshalb bin ich einer der reichsten Menschen auf dem Planeten.Tja und nun bin ich euch noch die Erklärung schuldig, warum ich gar so rührselig an diesem Tag war, denn normalerweise bin ich nicht so nahe am Wasser gebaut. Das Einzige, was ich mir für diesen Tag gewünscht hatte, waren Briefe von meinen Lieben. Es blieb jedem selbst überlassen, was er mir erzählen wollte – und wenn es der Inhalt seiner Lieblingsserie gewesen wäre. Ich dachte, das sei eine nette Idee – ich hatte nicht damit gerechnet, WIE wunderschön die Idee dann wirklich war. Im Wiener Café Central habe ich jeden einzelnen Brief gelesen und habe wahrscheinlich für einen sehr seltsamen Anblick gesorgt – wie ich da bei schönstem Wetter im Kaffeehaus sitze, vor mir ein leckerer Apfelstrudel, neben mir mein Lieblingsmensch und still und heimlich vor mich hingeheult habe mit einem Haufen Briefe auf meinem Schoß.

Ich danke an dieser Stelle nochmal allen, die mit ihren Worten diesen Tag so besonders gemacht haben (ich hoffe, ihr fühlt euch jetzt auch wirklich alle angesprochen). Ja, ich bin ein sehr reicher und glücklicher Mensch, denn ich habe die liebste Familie und die liebsten Menschen in meinem Leben, auf die ich mich immer verlassen kann und das ist in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich. Wenn man so gesegnet ist, dann ist vierzig nur eine Zahl, eine eckige Zahl zwar, aber trotzdem nichts weiter als eine Zahl.

Meine Lieben, ich habe das Gefühl, meine letzten Worte fallen irgendwie immer sehr ähnlich aus, aber für mich ist das Schreiben eines solchen Beitrags immer eine ganz seltsame Erfahrung. Die ersten paar Absätze stammel ich meistens herum, lösche wieder, schreibe neu – bin unzufrieden, weiß nicht wirklich, in welche Richtung es gehen soll und dann kommt irgendwann der Punkt, an dem gefühlt nicht mehr ich schreibe. Der Punkt, ab dem sich die Worte von selbst aneinanderreihen, weil sie einfach so aus mir herauspurzeln und ich beim Korrekturlesen selbst immer ganz erstaunt bin, in welche Richtung sich mein Text dann so entwickelt hat. Insofern könnt ihr euch in einem Punkt immer sicher sein – was ihr hier zu lesen bekommt, kommt immer ungefiltert aus tiefster Seele und deshalb freue ich mich immer so sehr, dass ihr so behutsam mit meinen Worte umgeht. Dafür danke ich euch von ganzem Herzen. Habt keine Angst vorm Älterwerden – carpe fucking diem (die Auflösung dazu gibt es nächsten Sonntag). Alles, alles Liebe, love&peace,