Teestunde – Sei doch einmal stolz auf dich

Meine Lieben, ich bin mir gerade nicht sicher, ob das Folgende gleich nicht einfach nur eine Selbsttherapie wird. Ja, gut, zugegeben, eigentlich artet so gut wie jede Teestunde bei mir in eine Therapiestunde für mich selbst aus – ich rede ´gscheit über ein Thema daher, gebe gute Ratschläge und sollte mir diese im Grunde meist als Erstes selbst zu Herzen nehmen. Andererseits, sagt man nicht immer, wer selbst nichts kann, lehrt?
Okay, heute bin ich offensichtlich mal wieder richtig fies zu mir, dabei besteht dafür überhaupt kein Grund … und schon stecken wir mittendrin im Thema.

Mein Titel sagt bereits alles aus, worüber ich heute gerne meine Gedanken mit euch teilen möchte. Wenn ich genauer nachdenke, kann ich nicht einmal mehr zählen, wie oft ich dieses Thema bereits aufgreifen wollte, denn Auslöser hat es Unzählige gegeben. UND, der häufigste Auslöser wart tatsächlich ihr – von meiner Wenigkeit einmal abgesehen.
Sehr häufig bekomme ich in Kommentaren von euch zu lesen, dass ihr mich auf die eine oder andere Art beneidet. Dass ihr gerne so schreiben können würdet oder backen oder “leben” oder was auch immer. (Ich verrate jetzt besser nicht, wie schwer es mir gerade gefallen ist, die letzten zwei Sätze zu schreiben. Ja, ich muss meine heutigen Worte eindeutig selbst verinnerlichen).

Wieso, verdammt noch mal, fällt es uns so schwer, zu sehen, was wir können? Warum erkennen wir nicht, was wir täglich schaffen, worin wir gut sind, was wir leisten? Warum sind wir nicht einfach einmal stolz auf uns selbst?

Ab und zu fühlt es sich tatsächlich so an, als ob ich eine gespaltene Persönlichkeit hätte. Einerseits ist mir sehr wohl bewusst, wo meine Stärken liegen. Ich weiß, dass ich schreiben kann, ich weiß, dass ich ein Auge für Motive habe, ich weiß, wo meine Talente liegen, und doch fällt es mir auch gerade jetzt wieder unfassbar schwer, das genau so zu formulieren. Schon habe ich Angst, es hört sich eingebildet an oder zu sehr von mir überzeugt. Denn ja, genau da kommt die gespaltene Persönlichkeit in mir durch. Und das mangelnde Selbstwertgefühl. Ich habe Angst, ihr verdreht die Augen und denkt euch, na, so toll schreibt sie jetzt auch wieder nicht und ich habe auch schon bessere Fotos gesehen.
Ist das nicht einfach nur krank?

Wieso, verdammt noch mal, schaffe ich es nicht, mich auch einmal zu loben? Wieso fällt es mir so schwer, laut auszusprechen, was ich kann? Wieso bin ich mir selbst nie gut genug?

Jeder kennt sie, die verhasste Frage bei Vorstellungsgesprächen und anderen Gelegenheiten, wenn man sich selbst präsentieren soll: Zähle drei positive Eigenschaften von dir auf! Wem geht es wie mir, dass er einen fünfstündigen Vortrag über seine negativen Wesenszüge halten könnte, der aber genauso lang braucht, um nur eine positive Eigenschaft zu finden? Schon klar, nicht jeder ist so. Es gibt diese Menschen, die sich hinstellen so nach dem Motto “Hey Welt, hier bin ich und ich bin der Beste und Großartigste!” Von denen könnte ich mir eindeutig eine Scheibe abschneiden, denn ich bin eher die Person, die ganz klein dahinter steht, den Kopf einzieht und die man sowieso nicht wahrnimmt.

“Fressen oder gefressen werden”, genau so funktioniert unsere Gesellschaft. Du musst ein Macher sein, ein Selbstdarsteller. Du musst überzeugen und verkaufen können. Für Schwache und zarte Seelen ist kein Platz.
Ja, in erster Linie musst du dich selbst verkaufen können. Und das ist etwas, das ich überhaupt nicht kann. Wenn ich Lebensläufe und Bewerbungsschreiben verfassen musste, habe ich mich immer kleiner gemacht, da ich Angst hatte, man erwartet sonst zu viel von mir. Ich kann dem niemals gerecht werden. Wisst ihr, wie lang ich gebraucht habe, bis ich mich selbst als Autor bezeichnen konnte? Obwohl ich seit bald sieben Jahren veröffentliche, obwohl ich jetzt drei Bücher herausgebracht habe, schaffe ich es kaum, dieses Wort aus meinem Mund zu bekommen. Ich denke mir, es steht mir nicht zu. Wie kann ich mich auf dieselbe Stufe mit anderen Autoren stellen? Wie kann ich mir das erlauben?

Seit bald sieben Jahren schreibe ich diesen Blog, habe zigtausende regelmäßige Leser und würde mich trotzdem selbst niemals als Influencer oder Blogger bezeichnen. Gut, das liegt in erster Linie auch daran, dass ich dieses Schubladendenken, das damit einhergeht, ablehne. Aber auch, weil ich nicht denke, dass ich auf dieselbe Stufe passe.
Dasselbe, wenn ich als Fotografin gebucht werde. Wisst ihr, wie ich an Honorarvereinbarungen herangehe? Ich sage immer, ich möchte nach Zufriedenheit bezahlt werden. Einfach nur, weil ich mich dann selbst nicht so unter Druck setze. Weil ich meine eigene Arbeit nicht wertschätze.

Ich verrate euch jetzt, was mit das Schönste ist, das man mir sagen kann?
Ich bin stolz auf dich. Ein so einfacher Satz, so selten gesagt, aber es ist wie eine Streicheleinheit für meine Seele.
Warum?
Weil ich es mir selbst so gut wie nie sagen kann.

Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, dann fasse ich es ab und zu selbst nicht, was ich schon alles erlebt habe – und erreicht habe. Das liegt vor allem daran, weil ich alles ausprobieren muss, neugierig bin, alles selbst erleben und erfahren muss. Wie oft bin ich auf die Nase gefallen, wie oft bin ich wieder aufgestanden? Wie oft habe ich Wege eingeschlagen, für die ich mich rechtfertigen musste? Wie oft habe ich mich selbst ausprobiert, an die Grenzen gebracht? Habe mich selbst herausgefordert und oft auch selbst beeindruckt?
Die Antwort: unzählige Male.
Wie oft war ich danach so richtig stolz auf mich? Habe mich gefeiert? Habe meinen Erfolg hochleben lassen?
Die Antwort ist leicht: um das zu zählen, reicht eine Hand aus – wenn überhaupt.

Jeder Erfolg wurde schon immer mit einer Kritik von mir beantwortet. Immer war irgendwo ein: “Ich hätte es doch noch besser machen können”, versteckt.

Wieso, verdammt noch mal, kann ich nicht einmal einfach nur stolz auf mich sein?
UND: Könnt ihr es denn?

Heute bekomme ich hier ganz schön mein Fett weg, aber jetzt spiele ich den Ball weiter. Jetzt seid ihr an der Reihe. (Wahrscheinlich werdet ihr euch irgendwann nicht mehr trauen, mir einen Kommentar zu hinterlassen, da es nicht zum ersten Mal vorkommt, dass ich einen zerpflücke und für ein Thema aufgreife. Aber ich hoffe, dass das nicht der Fall sein wird. Denn genau das ist MirliMe – wir fordern uns gegenseitig heraus und wachsen auch so gemeinsam.) 
Warum sagt ihr, ihr habt kein Talent? Warum glaubt ihr, dass ihr weniger intensiv lebt? Warum seht ihr nicht, wie großartig ihr seid? Denn ich weiß das. Ich weiß, wie großartig ihr seid. Das lese ich aus jedem Wort heraus. Ich kann es sehen!
Aber könnt ihr es auch sehen?
Seid ihr stolz auf euch selbst?

Ich habe heute nicht den perfekten Lösungsansatz. Ausnahmsweise habe ich nicht die richtige Antwort parat, da es etwas ist, an dem ich selbst noch arbeiten muss. Aber vielleicht würde es schon helfen, wenn wir es schon uns selbst nicht sagen können, dass wir es öfter anderen sagen. Immerhin sind wir im Kritisieren immer sehr schnell und sehr laut, vielleicht mögen wir dieselbe Energie in Zukunft dazu nutzen, um anderen zu sagen, wie gut sie etwas gemacht haben, wie stolz sie auf sich sein können. Dass wir stolz auf sie sind.
Denn vielleicht, wenn wir es oft genug anderen sagen, wenn wir es dadurch selbst oft genug zu hören bekommen, vielleicht sehen wir es dann auch endlich selbst. Vielleicht erkennen wir dann, was in uns steckt, was wir täglich leisten. Wie großartig wir sind.
Und ganz vielleicht sind wir dann endlich auch einmal stolz auf uns selbst!

eine Lieben, jep, das ist mal wieder so ein Beitrag, nach dem ich mich fühle, als hätte ich einen Marathonlauf hinter mir oder nach dem ich mich erstmal nach meiner Kleidung umschauen möchte, da ich das Gefühl habe, ich stehe pudelnackert vor euch. Jeder von uns ist einzigartig und großartig. Es gibt keinen Menschen auf diesem Planeten, der nicht für irgendetwas ein Talent hat. Oft muss man länger danach suchen, oft sind es versteckte Talente, versteckte besondere Eigenschaften, aber sie sind da und sie bereichern so viele andere Leben. Vielleicht wird es Zeit, dass wir uns sehen. UNS sehen. Dass wir uns erlauben, einmal eingebildet und arrogant zu sein. Dass wir uns selbst auf die Schulter klopfen und sagen, das hast du gut gemacht. Ich bin stolz auf dich. Denn ich bin es. Ich bin stolz auf euch.
Und ich bin stolz auf mich, und ich werde mir vornehmen, es mir täglich zu sagen. Dass ich nach jedem geschriebenen Text, nach jeder Veröffentlichung, nach jedem gelungenen Shot, nach jedem erreichten Ziel sage, das hast du gut gemacht.
DU BIST GUT!
SO WIE IHR!

Alles Liebe, love&peace,