Mirli´s Lesecafé – So nah der Morgen

Meine Lieben, ich weiß, ich weiß, zwei Wochen vor Weihnachten ist jeder eher im Stress und versucht seinen nicht enden wollenden To-do-Listen nachzukommen, also halte ich mich so kurz wie möglich, versprochen, trotzdem versorge ich euch noch schnell mit Lesenachschub, denn ich könnte es niemals verantworten, solltet ihr in dieser für viele stressigen, aber für mich vor allem schönsten und kuschligsten Zeit des Jahres, ohne Lesestoff dastehen. Passend zur Jahreszeit dachte ich mir, ich wähle eine Geschichte aus, die zumindest – wenn schon nicht die Hände und Füße – das Herz wärmt. Die Autorin dieses Romans ist für mich keine Unbekannte, denn ich habe bisher jedes einzelne ihrer Bücher verschlungen. Wie auch dieses. “So nah der Morgen” hat es erneut geschafft, mich von der ersten Sekunde an in die Erlebnisse zu ziehen, es hat mein Herz ordentlich malträtiert, aber zum Schluss schön verpackt mit Schleife zurückgelassen. Jessica Winter ist ein garant für kurzweilige Lesestunden, für Geschichten, die einen nicht kaltlassen und für besondere Charaktere, die man am liebsten im wahren Leben treffen würde. Deshalb macht euch bereit, holt die guten Kekse aus dem Vorratsschrank – oder vielleicht sogar schon ein paar Weihnachtskekse -, wärmt euch eine heiße Schokolade auf, Omas Socken an die Füße und dann lasst euch von mir bzw. besser Jessica Winter nach Oak Harbor entführen, der Ort, an dem ihr Charlie und Noah kennenlernen werdet. Alles Liebe, x S.Mirli!

Buchvorstellung: “So nah der Morgen”

Autor: Jessica Winter
Erscheinungsdatum: September 2023 im Tinte&Feder Verlag
Seitenanzahl: 366
Preis bei Amazon: 12,33€

Autor: Die Kindle-Bestsellerautorin ist begeistert von Liebesgeschichten mit viel Tiefgang und allen Gefühlen. Seit 2015 verleiht die Sonderpädagogin, die außerdem einen Abschluss im heimlichen Lesen während eines Seminars hat, ihren eigenen Charakteren zugegeben oft ziemlich sarkastische, aber unheimlich liebenswerte Stimmen.
Wenn sie nicht gerade schreibt, geht sie mit ihrem Mann und der Hündin auf lange Spaziergänge, baut mit ihren Zwillingen Höhlen aus Wäscheständern und Decken, oder verbringt Zeit mit ihrem besten Freund, ihrer Disney-Kollektion.

Inhalt laut Klappentext: Nur mit dir will ich meinen Weg gehen …
Charlize hat alles zurückgelassen, von dem sie dachte, es wäre ihre Zukunft: ihren Job, ihre Wohnung, ihren Verlobten. Nur ihren Brautstrauß und die gefühlt dreiundzwanzig Schichten Tüll ihres Kleides hat sie mitgenommen nach Oak Harbor. Den Ort, der vor zehn Jahren das erste Zuhause war, das sie kannte. 431 Tage hat sie hier verbracht, bis ein schreckliches Ereignis das kleine Städtchen erschütterte.
Jetzt ist sie zurück, obwohl Charlie sich geschworen hatte, nie wieder zurückzukehren. Und sie trifft gleich auf den Jungen, dessen Herz sie mitgenommen hat, als sie damals gegangen ist. Der Junge, der nun ein Mann ist und ihr unmissverständlich klarmacht, dass sie sich von ihm fernhalten soll. Doch diesmal will Charlie um ihr Morgen kämpfen, selbst wenn das bedeutet, sich den Schatten von gestern zu stellen.

“Ich war gerade fünf Jahre alt, als mein Vater mich vor dem Kindergarten abgesetzt und einfach zurückgelassen hat … Als wir dort waren, erklärte er mir, ich müsste einfach ein bisschen warten, bis der Kindergarten aufschließt … Es war die Nacht auf Sonntag. Nur wusste ich das als frischgebackene Fünfjährige noch nicht.”

Charlie ist eine der zwei Hauptprotagonisten, die uns in “So nah der Morgen” ihre Geschichte erzählen. Was sie bereits alles in ihrem Leben durchmachen musste, wünscht man nicht einmal seinem schlimmsten Feind. All ihre Erlebnisse haben sie zu dem Menschen gemacht, der sie heute ist. Vielleicht hat sie in der Vergangenheit Fehler begangen, falsche Entscheidungen getroffen, aber niemals, um jemanden absichtlich zu verletzen.

“Ich wundere mich darüber, dass ich es schwieriger finde, mich von einem Jungen zu verabschieden, den ich seit fünf Minuten kenne, als von Leuten, bei denen ich fünf Monate verbracht habe.”

Der zweite Hauptprotagonist ist Noah, den Charlie kennenlernt, während sie von einer Pflegefamilie zur nächsten geschoben wird. Beide sind zwölf Jahre alt, als sie zum ersten Mal aufeinandertreffen.
“So nah der Morgen” wird abwechselnd aus der Sicht dieser zwei Hauptcharaktere erzählt, was ich persönlich immer besonders mag, vor allem wenn man dabei dieselbe Szene aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann.

“Mein Problem war damals nur, dass ich weder Einwohnerin noch Touristin war. Ich war das Mädchen, das hier mit längerer Unterbrechung ein Jahr und zwei Monate bei der sechsten und siebten Pflegefamilie verbracht hat.”

Kurz nach diesem ersten Aufeinandertreffen trennen sich die Wege von Charlie und Noah, doch bereits wenige Jahre später, mit sechzehn, wird Charlie erneut in Oak Harbor “abgeladen”. Dies erfahren wir durch Rückblenden in die Vergangenheit, die immer wieder in die aktuellen Erzählungen einfließen.

“Was willst du von mir hören, Noah? Dass ich mitgekriegt habe, wie unerwünscht ich bin? Dass ich hier bin, weil ich nicht wusste, wohin ich sonst gehen sollte? Dass es niemanden gibt, der auf mich wartet? Ist das besser?”

Charlie und Noah werden beste Freunde. Diese Freundschaft ist genau das, was Charlie braucht. Sie stolpert mehr durchs Leben, als dass sie es wirklich lebt, aber Noah und ihre Freunde, die sie in diesem kleinen Städtchen gefunden hat, geben ihr zumindest eine Ahnung von Sicherheit, bis etwas geschieht, das nicht nur ihre Welt, sondern die gesamte Stadt tief erschüttert.

“Ich schaue nach hinten, über meine Schulter, wo Staub in der Luft wirbelt. Dicker Rauch versperrt mir die Sicht.”

Der Hauptteil der Handlung findet in der Jetzt-Zeit statt, zehn Jahre, nachdem sich Charlies und Noahs Wege erneut trennten. Charlie ist einfach gegangen und hat nichts als wortwörtlich verbrannte Erde zurückgelassen. Sie hat Menschen vor den Kopf gestoßen und ist scheinbar egoistisch ihren Weg gegangen.
Zumindest glauben das all jene, die sie zurückgelassen hat.
Doch ist das wirklich so geschehen?

“Es ist definitiv die Stimme des Jungen, der mir in einem anderen Leben gesagt hat, dass er mich liebt. Den ich zu sehr geliebt habe, um zu bleiben.”

Wenn ihr herausfinden wollt, was Charlie dazu gebracht hat, den einzigen Ort zu verlassen, der zumindest so etwas Ähnliches wie ein Zuhause für sie war. Wie sie die Menschen zurücklassen konnte, die im Grunde Familie für sie waren. Ob sie wirklich so eiskalt und egoistisch sein konnte, in der schweren Zeit nach den verheerenden Ereignissen einfach abzuhauen – tja, wie ihr das herausfinden könnt, das sollte ich euch nicht mehr erklären müssen.

“Für jemanden, der so mutig ist wie du, sobald du dem Tod ins Auge blickst, bist du echt feige, wenn es um das Leben geht.”

Fazit: Ich muss ehrlich zugeben, hätte ich die Autorin nicht bereits gekannt, könnte ich nicht garantieren, dass ich bei dem Klappentext zu dem Buch gegriffen hätte, denn gefühlt habe ich dieselbe Geschichte schon in zwanzigfacher Ausfertigung gelesen, umso froher bin ich, dass ich meiner Hoffnung nachgegangen bin, dass hinter diesem Titel und Klappentext mehr stecken muss, vor allem bei dieser Autorin. Ich wurde nicht enttäuscht. Wer eine seichte Chick-Lit erwartet von einer fliehenden Braut, die sich in die Arme ihrer Jugendliebe flüchtet, dann kann ich nur sagen: weit gefehlt! Charlie ist mir so sehr ans Herz gewachsen wie selten ein Charakter zuvor. Ebenso Noah. Wer so einen Menschen in seinem Leben hat, der kann alles überstehen. Er war genau die Person, die Charlie in ihrem Leben, das ihr so schlechte Karten ausgeteilt hatte, gebraucht hat. Ja, vielleicht hat sie falsche Entscheidungen getroffen und damit versehentlich Menschen wehgetan, aber sie tat es, um sie zu beschützen. Der Roman handelt von Vergebung und zweiten Chancen und wird euer Herz gnadenlos zusammenquetschen – aber auf die schönste Art und Weise. 
“So nah der Morgen” ist eine Geschichte zum Mitfühlen, teilweise Mitleiden, aber vor allem Mithoffen, und was passt besser in diese besonderste Zeit des Jahres als eine Geschichte, die aufzeigt, dass es immer eine zweite Chance gibt. Dass da immer Hoffnung ist.

eine Lieben, wie gesagt, ich habe bisher jedes Buch von Jessica Winter gelesen und wurde noch kein einziges Mal enttäuscht. “So nah der Morgen” sollte definitiv auf eurer Leseliste landen, und ich kann euch bedenkenlos jedes ihrer Bücher empfehlen. Es gibt nichts Schöneres, als es sich mit einer herzergreifenden Geschichte in dieser stillsten und besinnlichsten Zeit des Jahres gemütlich zu machen und ein wenig zu träumen.
Alles Liebe, love&peace,