Bericht aus der Schreibwerkstatt #8

Meine Lieben, ich weiß gerade nicht, wie ich anfangen soll, was überraschenderweise nicht häufig vorkommt. “Bericht aus der Schreibwerkstatt” ist nämlich im Grunde der vollkommen falsche Titel. Wenn in einer Schreibwerkstatt seit Monaten nicht geschrieben wurde (oder zumindest nicht an einem neuen Roman gearbeitet), kann ich es dann überhaupt noch Schreibwerkstatt nennen?

Nachdem sich allerdings in letzter Zeit die Fragen – und auch Vorwürfe – häufen, wann mein nächstes Buch erscheint und ich jedes Mal kleinlaut mit “Na jaaa, dafür müsste ich erst einmal mit dem Schreiben beginnen” antworte, dachte ich mir, es ist allerhöchste Zeit für einen – na ja – Bericht aus der Schreibwerkstatt. Mein letzter Lagebericht ist ein halbes Jahr her. Ich musste gerade selbst noch einmal drüberlesen, was ich darin geschrieben hatte. Damals habe ich gemeint, dass ich nicht sagen kann, wann ich mit meinem neuen Buch-Projekt beginne. Ob das in ein paar Wochen oder erst Monaten der Fall sein wird. Ein halbes Jahr später habe ich zwar noch immer nicht mit dem Schreiben begonnen, aber zumindest weiß ich jetzt, wann das der Fall sein wird.

In diesem letzten Bericht habe ich außerdem gemeint, dass ich mir für das nächste Buch Zeit nehmen werde. Dass ich es nicht wie “Lebensneu” vom ersten bis zum letzten Wort nonstop durchschreiben möchte, sondern dass sich die Arbeit auch über Wochen und Monate hinziehen kann.
Diesen Plan bzw. dieses Vorhaben habe ich inzwischen eindeutig wieder verworfen.
Eins habe ich diesen Sommer gelernt – ein Buch zu schreiben während Corona, ist vom Zeitfaktor her relativ einfach. Im “realen” Leben lässt sich das so nebenher allerdings nicht bewerkstelligen. Keine Chance!
Selbst wenn ich gewollt hätte, es wäre unmöglich gewesen, in diesem Sommer mit der Arbeit am neuen Buch zu beginnen.

Deshalb habe ich mir vorgenommen, ich werde die ruhigeren Wintermonate dazu nutzen und mich in dieser Zeit von allem loskapseln. Ich werde so tun, als wäre ich auf eine einsame Insel ausgewandert oder läge im Koma. Anders ist es nicht möglich. Wenn ich schreibe, muss und will ich mich vollkommen in die Geschichte fallen lassen. Wie ich bereits erzählt habe, wird das Buch einige schwierige Themen behandeln und ich weiß jetzt schon, dass mich das enorm mitnehmen wird. Deshalb muss ich alle Dramen des “wirklichen” Lebens ausblenden, sonst kann ich mich danach sehr wahrscheinlich selbst einweisen.

Langer Rede kurzer Sinn, ich werde im Jänner, spätestens Februar mit meinem nächsten Roman beginnen und möchte, wenn alles so läuft, wie ich es mir vorstelle, im Frühjahr mit dem reinen Schreibvorgang fertig sein. 

Davor habe ich nur noch eine winzig kleine Hürde zu überwinden – mich!

Ich weiß genau, wenn ich das erste Kapitel – ach was sage ich, es reicht schon der erste Satz – geschrieben habe, dann wird es wieder laufen wie am Schnürchen, aber genau vor diesen ersten Worten habe ich Angst.
Richtig Angst!
Allerdings weiß ich auch, dass das bisher bei jedem einzelnen Buch auf diese Art der Fall war (ehrlich gesagt anfangs auch bei jedem Blogbeitrag). Momentan fühlt es sich so an, als könnte ich es nicht mehr. Es ist tatsächlich so, wenn ich Teile meiner ersten Romane lese, habe ich das Gefühl, das kann nicht ich geschrieben haben. So etwas steckt nicht in mir.
Ich habe ehrliche Angst, dass ich nicht mehr schreiben kann. Aber, was ich auch sagen kann – vielleicht erinnert ihr euch -, ich habe erzählt, ich muss wieder das Gefühl bekommen, ich explodiere, wenn ich diese Geschichte nicht endlich aus mir rauslasse. Wenn ich meine Charaktere nicht endlich auf Papier bringe, dann brechen sie auf die eine oder andere Art sowieso aus mir heraus. Dieses Gefühl hatte ich über Monate nicht, aber im August war es zum ersten Mal da. Einfach so. Plötzlich sind Sätze durch meinen Kopf gewirbelt, Bilder und Szenen entstanden und am liebsten hätte ich mich sofort hingesetzt und losgetippt.
Das Problem, das ich bereits erwähnt habe – ich hatte nicht die Zeit.

Das Gute an dieser ganzen Geschichte ist allerdings, dass es jetzt da ist, dieses Gefühl. Und wenn es einmal da ist, dann geht es auch nicht mehr weg. Und ich weiß jetzt schon, wenn ich es geschafft habe, wenn ich diese ersten Worte, die ersten Sätze, die ersten Bilder habe entstehen lassen und vor allem auf Papier gebracht habe, dann werde ich nicht mehr damit aufhören können. Dann kann man mich für die nächsten acht bis zwölf Wochen abschreiben.
Und genau deshalb muss dieser Zeitpunkt eben klug gewählt sein. Also ja, die ganzen Nachfragen und auch Vorwürfe die letzten Wochen über von allen möglichen und unmöglichen Seiten waren gut, denn anscheinend bin ich so ein Mensch, der nur unter Druck arbeiten kann. Ich werde die nächsten Wochen und Monate nutzen, um am Feinschliff meines Konzepts zu arbeiten. Außerdem habe ich einiges zu recherchieren, was sowieso noch enorm viel Zeit in Anspruch nehmen wird.
Die Angst wird sehr wahrscheinlich die nächsten Wochen über mein täglicher Begleiter sein, aber das ist das Schöne am kreativen Schreiben – egal welches Gefühl, ich kann früher oder später alles in meine Texte und Geschichten einfließen lassen und aus jedem noch so zehrenden Moment etwas Schönes entstehen lassen.

“We are writers, my love. We don´t cry, we bleed on paper.” (a.y.)

eine Lieben, auf eine gewisse Art war es “einfacher”, an meiner Lebens-Reihe zu arbeiten. Da ich von Anfang an vorhatte, dass die Bände relativ zeitnah erscheinen, hatte ich mir selbst einen gewissen Druck auferlegt. Gut, das war zwar nicht die beste Idee, denn deshalb habe ich jetzt erst einmal ein Jahr Pause gebraucht, um mich davon zu erholen, aber trotzdem muss ich mir offensichtlich selbst Deadlines setzen, sonst wird das nichts. Allein, dass ich jetzt einen ungefähren Zeitplan hier online gestellt habe, reicht schon, dass ich weiß, dass ich das auch so durchziehen werde. Was ich noch lernen muss bis dahin, dass ich aufhöre, mich zusätzlich zum Zeitdruck dem Druck auszusetzen, dass dieses Buch das beste werden muss, das ich jemals geschrieben habe. Ich denke, so etwas kann man sich nicht vornehmen oder planen.
Ich kann einfach nur die Geschichte erzählen und sehen, was dabei herauskommt. Wie ihr bereits wisst, mochte ich “Lebensneu” während des gesamten Schreibvorgangs überhaupt nicht und jetzt ist es beinahe mein “kleiner” Favorit. Genauso wenig wie sich das Leben planen lässt, lassen sich meine Geschichten richtig planen – so dämlich sich das auch anhört. Ich muss sie entstehen lassen und wir werden sehen, was passiert.
Ehrlich, zum allerersten Mal seit Monaten freue ich mich richtig darauf – trotz Angst. Aber ja: “We are writers, my love. We don´t cry, we bleed on paper.” (Von wem auch immer dieser Satz stammt, ich glaube, das wird demnächst auf meinen Körper wandern müssen! Schaaatz, buch mir doch bitte schon mal einen Termin beim Tätowierer!)

Ich kann den Moment ehrlich nicht mehr erwarten, wenn ich hier die Worte niederschreiben kann: I did it. Der Anfang ist geschafft, der Rest wird Geschichte.
Alles Liebe, love&peace,