FROHE WEIHNACHTEN 2021

Meine Lieben, es ist wieder so weit. Mir kommt es so vor, als ob ich das schon mein Leben lang mache. Als ob ich nicht erst seit sechs Jahren, sondern seit ich denken kann, jedes Jahr so kurz vor Weihnachten meinen Gedanken freien Lauf lasse, mich zum Computer setze und mit euch gemeinsam diese letzten, diese besondersten Stunden des Jahres zelebriere.
Ihr Lieben, Weihnachten steht vor der Tür und ich wünsche mir und euch, dass es das schönste Weihnachtsfest aller Zeiten sein wird. Und soll ich euch etwas verraten? In jedem Jahr ist es irgendwie so. Jedes Jahr wieder ist es das schönste Fest, die schönste Zeit aller Zeiten, einfach nur, weil ich es so will.

Es wäre allerdings nicht MirliMe, wenn ich euch nicht auch noch ein bisschen etwas zum Nachdenken mitgeben würde. Vor ein paar Wochen haben mein Mann und ich uns wieder einmal “Fantastische Tierwesen” angesehen. Abgesehen davon, dass ich wahrscheinlich der größte Potter Fan auf diesem Planeten bin und sowieso alles, was auch nur irgendwie damit zu tun hat, verehre, hat dieser Film auch so einen ganz besonderen Stellenwert für mich. Eddie Redmayne – I mean. Dazu muss ich sowieso nichts sagen. Aber weder Harry Potter noch diese ganze Welt um Hogwarts sind das eigentliche Thema heute, allerdings hat doch alles mit diesem Film, mit diesen “Fantastischen Tierwesen” zu tun.

“In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinaus nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.”

Als wir uns diesen Film angesehen haben und wir Newt Scamander in seinen magischen Zoo begleiteten – wir sahen fantastische Tierwesen, unglaubliche Landschaften, flügelschwingende Fabelwesen und mein Mann meinte plötzlich neben mir, dass er wünschte, es würde so eine Welt wirklich geben.
Meine Antwort darauf?
Es gibt sie.

Ihr müsst euch jetzt keine Sorgen um mich machen, zwar lebe ich ab und zu wirklich in meiner eigenen Welt, aber ich denke mir keine irrwitzigen Planeten aus und stelle mir Dinge vor, die es nicht gibt, aber diese unsere Welt IST genau so ein magischer Ort. Es ist alles genau so wie in Scamanders Zoo. Ja, gut, vielleicht schaut ein Adler anders aus als ein Donnervogel und auch Niffler ist mir noch keiner begegnet, aber unsere Welt ist nicht wirklich anders.
Wir haben nur verlernt, es zu sehen.

Als ich kürzlich in Prag war, ist es mir wieder ganz extrem aufgefallen. Es waren unzählige Touristen unterwegs, jeder mit Handy oder Kamera vor der Nase und Auslöser im Anschlag. Ich konnte beobachten, wie Menschen aus der U-Bahn steigen, vor einem Monument anhalten und nicht einmal richtig hinschauen. Sie haben sofort ihr Handy in der Hand, drücken zigmal auf den Auslöser, heben nicht einmal den Kopf, um überhaupt etwas zu sehen, sondern eilen schon weiter. Ding fotografiert. Ding abgehakt.
Als wir vor einigen Jahren unsere USA-Westküsten-Reise gemacht haben, war es nicht anders. Jeder wollte das perfekte Foto vom Grand Canyon oder von sich und dem Grand Canyon und sobald das im Kasten war, wurde wieder ins Auto gestiegen und zum nächsten Höhepunkt gecruist.

Kein Frage, ich selbst liebe es, zu fotografieren und deshalb sieht man auch mich auf Reisen immer mit Kamera in der Hand, aber ich komme und schaue erst einmal. Ich nehme bewusst meine Umgebung war. Ich fotografiere jeden Geruch, jeden Windhauch, jeden Straßenstein – mit meinen Augen, mit all meinen Sinnen. Dann mache ich meine Fotos, packe die Kamera wieder weg und schaue. Ich versuche mein ganzes Leben so bewusst wie möglich zu leben. Ich versuche zu sehen, woran viele vorbeilaufen.

“In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede, bei den Menschen seiner Gnade.”

Wir lieben Fantasy und Science Fiction. Wir strömen ins Disneyland und andere erschaffene Welten, weil wir abtauchen wollen in dieses Fiktive. Dabei müssten wir das überhaupt nicht. Wir müssten einfach nur wieder lernen, Dinge zu sehen. Das Besondere, das Fantastische in den ganz einfachen Dingen. Wieso soll ein Butterbeer so anders sein als eine heiße Schokolade. Einfach nur, weil sie erfunden ist? Wann hast du zum letzten Mal genau so eine heiße Schokolade ganz bewusst getrunken. Hast den samtigen Geschmack von Schokolade über deine Zunge gleiten lassen, hast der Wärme nachgefühlt, wie sie sich über deine Speiseröhre und dann langsam im Bauch verteilt hat? Hast die Glückshormone, die dabei entstehen, durch deinen Körper flattern gefühlt? Wann? Oder hast du das überhaupt schon einmal?

Als Kind konnten wir das noch. Gerade diese Zeit vor Weihnachten – könnt ihr euch erinnern, wie es als Kind war? Oder wie es war, einen Ausflug in den Wald zu machen? Wie man hinter jedem Baum ein fantastisches Wesen erahnt hat, wie jedes Knacken eines Astes der Ruf der Fantasie war. Warum haben wir aufgehört, zu träumen? Sich Dinge vorzustellen, auch wenn sie nicht wirklich existieren? Oder, die Dinge zu sehen, die da sind. Ihnen anzusehen, wie einzigartig, wie fantastisch, wie unwirklich sie sind?

“Ich wünschte, so eine Welt würde es wirklich geben.”
Es gibt sie. So eine Welt existiert überall da draußen, wenn wir nur wieder lernen würden, zu sehen.

“Als die Engel sie verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ. So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte des Hirten. Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war. ” (LK 2, 1-20)

Was ich mir für dieses Weihnachtsfest vorgenommen habe und im Grunde für das ganze nächste Jahr und das danach und das danach – wieder meine Augen zu öffnen. Ich arbeite schon sehr lang daran und es gelingt mir immer öfter, aber ab und zu bin ich auch verbohrt und verblendet. Trage die Scheuklappen der Gesellschaft wie eine Uniform. Aber nichts ist jemals in Stein gemeißelt. Ich kann alles jederzeit ändern. Ich kann in den Zoo gehen und sehe die Tiere plötzlich mit Newt Scamanders Augen. Ich kommuniziere mit ihnen. Ich halte nicht einfach nur meine Kamera darauf.
Ich bin da.
Ich bin hier im Moment.

Wenn ich das nächste Mal im Wald bin, werde ich jedem Knacken auf den Grund gehen, ich werde sie suchen, die Sniffler unserer Welt. Ich werde jedes fallende Blatt für goldenen Sternenstaub halten. Ich werde die Luft einsaugen und die Zeit anhalten.
Ich bin da.
Ich bin hier im Moment.

Und ich werde Weihnachten genau so leben. So zelebrieren. Ich werde den Glitzer sehen und die Botschaft verstehen. Ich werde im Jetzt leben. Ich werde das Kind in mir suchen, das den ganzen Vierundzwanzigsten keine Sekunde stillhalten konnte. Das alle zehn Minuten gefragt hat, wann es endlich dunkel wird (Botschaft an meinen Mann: Viel Spaß, mein Schatz, ich werde das wirklich machen), ich werde den schillernden Weihnachtsbaum betrachten, als ob es mein allererstes Weihnachtsfest wäre. Als ob es ein Zauberbaum aus einer anderen Welt ist. Funkelnde Lichter, stille Nacht aus den Lautsprechern und das wird es sein.

Eine stille Nacht.
Eine heilige Nacht.
Ich bin da.
Ich bin hier im Moment.

eine Lieben, ich würde das jetzt gerne einfach so stehen lassen, aber eines muss trotzdem noch gesagt werden:
Ich wünsche euch ein wunderschönes, fantastisches, fabelhaftes, glitzerndes, besonderes, unvergessliches Weihnachtsfest! Sucht das Kind in euch und lebt dieses Fest so bewusst wie nur irgend möglich. Ich schicke euch eine warme und liebe Umarmung und freue mich, wenn wir uns im nächsten Jahr hier wiederlesen. Außer ich verlaufe mich in meinem Märchenwald, dann kommt mich einfach suchen, ich erwarte euch dort.
Alles, alles Liebe von ganzem Herzen, love&peace,