Mit wutverzerrtem Gesicht und Tränen in den Augen sitzt sie vor uns allen, dieses sechzehnjährige Mädchen und ist das Sinnbild unser aller schlechter Gewissen geworden. Meine Lieben, nachdem ich auf einen meiner letzten Beiträge mehrere Nachrichten erhalten habe, dass sich viele schon gefragt haben, ob ich denn etwas zur damals anstehenden Wahl posten würde (was ich ja auch tatsächlich gemacht habe), hat bei mir ein Umdenken stattgefunden. Kein einziges Mal davor habe ich darüber nachgedacht, dass vielleicht fast schon erwartet werden könnte, dass ich zu so manchem aktuellen Geschehen Stellung nehmen würde oder sollte. Meist habe ich mich einfach nach Lust und Laune treiben lassen und einige Themen bewusst ausgegrenzt.

Nicht, weil ich keine Meinung dazu habe oder mir Sorgen mache, wie diese wohl ankommen könnte. Darüber habe ich mir, ehrlich gesagt, noch nie Gedanken gemacht – sollte ich vielleicht, aber bisher wurde zum Glück noch keines meiner Worte missverstanden oder falsch aufgenommen. Trotzdem ist es ähnlich wie bei meinem Beitrag zur Wahl – um öffentlich zu so manchem Thema Stellung zu beziehen, sollte man ein grundlegendes Wissen mitbringen und auch wenn ich, wie gesagt, zu so gut wie jedem Thema logischerweise eine eigene Meinung habe – nicht immer sollte man diese auch laut in die Welt brüllen, vor allem weil ich finde, dass ich hier auch eine gewisse Verantwortung habe und die nicht leichtfertig hinnehme.Vielleicht ist euch aufgefallen oder hat euch gewundert, warum ich im Gegensatz zur seit einiger Zeit allgegenwärtigen Klimadiskussion noch so gar nichts zu dieser Thematik von mir gegeben habe. Gibt es überhaupt einen Blog oder eine öffentliche Plattform, die kein Nachhaltigkeits- oder Ökothema aufgegriffen hat? Ist also mir dieser Planet auf dem wir leben völlig egal und kein Wort wert?

Ich erzähle euch etwas über die Teenager-Mirli. Damals, ich glaube ich war zwölf oder dreizehn Jahre alt, bin ich mit einer Freundin von Wohnhaus zu Wohnhaus getingelt und habe Geld für Greenpeace und WWF gesammelt. Wir haben selbst Zeitschriften gebastelt und für unsere Umwelt gekämpft. Der Idealismus eines Teenagers hat mich für das einstehen und kämpfen lassen, was mir damals als wichtig erschien. Wir haben wie all die Jugendlichen heute auf der Straße geglaubt, wir könnten die Welt verändern. Wir würden alles besser und anders machen als die Erwachsenen. Die Zukunft läge in unseren Händen.

Was ist passiert?

Das Erwachsenenleben hat mich eingeholt. Man gerät in die Mühlen der Wirtschaft. Man bekommt sein erstes Gehalt, schafft sich ein Leben, wird abhängig von dem Luxus, der damit einhergeht und muss die Mühle immer weiter vorantreiben, um diesen Standard nicht zu verlieren. Und während man in dieser Mühle, diesem Hamsterrad steckt, purzeln all die Ideale und Gedanken an eine bessere Welt durch die Gitterstäbe dazwischen hindurch. Übrig bleibt ein Leben, dass man sich nicht vorgestellt hat, jemals zu führen, aber um großartig darüber nachzudenken, bleibt sowieso keine Zeit, die Mühle muss immer weiter vorangetrieben werden.

Und dann bin ich aufgewacht.

Ich bin nicht von selbst aufgewacht, ich wurde aufgeweckt. Ich gebe zu, anfangs war ich genervt von all den erhobenen Zeigefingern dieser Veganerarmee und Nachhaltigkeitsprediger. Tatsächlich habe ich das alles für einen neuen Trend gehalten, um vor den wirklichen Problemen dieser Welt abzulenken – verurteilt mich nicht, ich habe nie behauptet, ich sei nicht auch nur ein dummer Mensch wie all die anderen. Aber dann ist etwas passiert. Ganz schleichend und immer öfter ist es mir aufgefallen, dass diese Bewegung doch nicht spurlos an mir vorrübergegangen ist. Plötzlich stehe ich beim Einkauf vor dem Regal und greife eher zum Joghurt im Glas als im Becher. Überlege, ob ich die alle einzeln verpackten Schokobons jetzt wirklich brauche, ob ich diese Idiotie tatsächlich unterstützen will. Dieser allseits erhobene Zeigefinger hat sich in mein Gewissen gebohrt, ohne dass es mir bewusst war und da hat es Klick gemacht.

Offensichtlich kann es wirklich etwas verändern, wenn man für das einsteht, woran man glaubt. Offensichtlich kann man wirklich etwas bewegen, wenn man nur laut genug auf sich aufmerksam macht. Unsere Umweltprobleme und die Klimadiskussion ist nicht nur ein neues, interessantes Thema. Es ist keine Bewegung, die wie so viele davor ein paar Wochen angehalten und dann wieder der Gemütlichkeit Platz gemacht hat und das finde ich großartig und sollte uns alle dazu animieren, für unsere Ideale und Überzeugungen einzutreten.

Trotzdem und trotz meines nun ebenso wachsenden Interesses für dieses Thema appelliere ich daran, es sachte anzugehen. An mir selbst habe ich bemerkt, wie sehr es nach hinten losgehen kann, wenn man zu viel auf einmal verlangt. Dass es bereits fünf nach zwölf ist, das sollte uns allen bewusst sein und dass wir nicht länger nur um einen schicken Konferenztisch herumsitzen sollten und Reden schwingen, sondern tatsächlich auch handeln müssen, aber es muss von ganz oben kommen. Es sollte nicht nur an jedem Einzelnen liegen, denn seid mir nicht böse, aber meine Meinung ist, dass wir dann sowieso schon verloren sind. Ich will nicht dieser eine Partycrasher sein, den niemand mag, aber – niemals schafft man ein Umdenken bei der breiten Masse.

Erst kürzlich habe ich eine Sendung im Fernsehen angesehen, bei der Menschen auf der Straße zu genau dieser Rede von diesem wütenden, sechzenjährigen Mädchen befragt wurden – die Mehrzahl der Jüngeren hat Daumen nach oben verteilt, bei den Ü-50-jährigen sah die Reaktion ganz anders aus und genau da muss man ansetzen. Wie gesagt, ich habe es an mir selbst bemerkt – einen alten Baum pflanzt man so schnell nicht um. Wenn man sein Leben lang dazu getrillt wurde, man müsse die Wirtschaft unterstützen und am laufenden Band konsumieren, um unser Land voranzutreiben, wenn deine ganze Jugend sich nur um DAS Statussymbol dieser Zeit gedreht hat, nämlich das lauteste und PS-stärkste Auto, die weiteste Fernreise und teuerste Luxustasche als Zeichen, dass man es geschafft hat, dann wird ein sechzehnjähriges Mädchen und eine Horde Menschen auf der Straße dieses Denken nicht von heute auf morgen ändern können und dann passiert ganz schnell das Gegenteil.

Vor kurzem habe ich einen Öko-Rechner im Internet benutzt. In den letzten 3 Jahren habe ich so vieles an meinem Leben und Alltag geändert, dass ich mir sicher war, ich würde ein einmaliges Ergebnis erzielen. Ha, so falsch bin ich noch selten mit irgendetwas gelegen. Um meine CO₂ Sünden auszugleichen, bräuchte man 2 Planeten. Gut, vor 3 Jahren wären es noch 3,5 gewesen, aber ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie desillusioniert ich war und genau da liegt das Problem. Ich lebe seit 20 Jahren vegetarisch, werde dann aber trotzdem dafür verurteilt, dass ich nicht vegan lebe. So ziemlich jede Strecke lege ich zu Fuß oder mit Öffis zurück, da wir, seit wir in der Stadt leben, unser Auto verkauft haben und wenn es unbedingt notwendig ist, greifen wir auf Carsharing und Elektroautos zurück. Mein ganzes Konsumverhalten hat sich bestimmt um 80% reduziert. So vieles habe ich geändert und verbessert und dann gelte ich trotzdem noch als Umweltsünder und ganz ehrlich, für einen kurzen Moment habe auch ich bei mir gedacht – schön, ich kann es sowieso nicht richtig machen, dann kann ich es auch gleich bleiben lassen und genau hier muss man ansetzen.Man darf nicht zuviel auf einmal verlangen. Jeder kleinste, einzelne Schritte zählt. Ja, es ist fünf nach zwölf, aber bevor sich gar nichts ändert, ist schon jeder kleinste Schritt ein Weg zum Ziel. Jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten, aber die große Veränderung, die verlange ich von ganz anderer Stelle. Wir sollten gar nicht die Möglichkeit haben, Plastik zu konsumieren, verbietet den Konzernen deren Nutzung. Ganz plötzlich, wenn nämlich der Druck groß genug ist, werden Alternativen gefunden werden, die es sowieso schon gibt, nur bisher ein zu hoher Kostenfaktor sind und genau da sind wir wieder bei dem Punkt angelangt, um den sich alles dreht und den dieses wütende, sechzenjährige Mädchen zu recht angegriffen hat.

Hört auf, zu denken, dass sich das ganze Leben, die ganze Welt nur um dieses Thema dreht – Geld. Wenn es um eine wackelnde Wirtschaftslage geht, werden plötzlich Milliardenbeträge locker gemacht, aber wenn unser Planet Erde, der einzige Ort an dem wir leben können, im Müll versinkt oder flüchtende Menschen im Meer ertrinken, dann landet das unterm Rotstrich als zu hoher Kostenfaktor und deshalb ja:

how dare you.

Jeder Einzelne kann etwas verändern, daran glaube auch ich, aber wir können nicht zurück und uns in eine Höhle setzen, Steinderl klopfen und auf den nächsten Mammut warten. Es muss auch einen Weg dazwischen geben, deshalb verzeiht mir bitte, dass ich mich nach wie vor freue, wenn ich alle zwei Jahre auf Urlaub fliegen kann, wenn ich Netflix konsumiere und meinen Tee mit Kuhmilch trinke, ich bin deshalb kein schlechter Mensch, ich bin nur ein alter Baum, der sich nicht mehr so leicht umpflanzen lässt, aber ich werde mein Bestes geben und meinen Teil beitragen.

Meine Lieben, wenn ich genauer darüber nachdenke, habe ich noch gar nicht richtig beantwortet, warum ich mich so lange vor diesem Thema gedrückt habe. Vielleicht, weil ich hier nicht wirklich ein Vorbild sein kann, dafür mache ich selbst (wissentlich) noch immer viel zu viel falsch, vielleicht ist es auch ein Fehler, das laut zuzugeben, vielleicht hatte ich auch Angst, mir damit eine Zielscheibe auf die Brust zu malen, aber ich glaube nunmal ganz fest daran, dass man auch mit kleinen Schritten ans Ziel kommt und nicht alles auf Anhieb richtig machen muss und deshalb würde mich jetzt brennend interessieren –  wie steht ihr zu diesem Thema, habt ihr schon einmal so einen Öko-Rechner benutzt, ich wäre ja zu gespannt auf eure Ergebnisse. Macht euch nicht selbst verrückt, niemand ist perfekt, aber wenn wir uns alle ein bisschen bemühen, dann werden wir etwas verändern können, ganz bestimmt. Ihr Lieben, am Mittwoch ist es tatsächlich schon wieder soweit und wir schauen gemeinsam auf einen vergangenen Monat zurück – glaubt ihr nicht, ich auch nicht, aber es lässt sich nicht verleugnen. Alles, alles Liebe, ich freue mich auf ein baldiges Wiederlesen, love&peace,