Teestunde – Positive Mindset … uuund Tschüss!

Meine Lieben, nicht zum ersten Mal sitze ich da und bin mir nicht sicher, ob ich das, was ich gleich schreiben werde, auch jemals veröffentlichen kann. Wie schon mein Beitrag zu diversen Selbstratgebern, der dieses ganze Business eher kritisch beleuchtete, wird es auch heute kein Lobgesang auf dieses uns überall verfolgende Wortkonstrukt Positive Mindset werden. Speziell jetzt in den ersten Wochen nach Neujahr werden wir nahezu verfolgt von klugen Ratschlägen, wie wir mit positiven Gedanken das neue Jahr zu “unserem” Jahr machen können. Doch bevor wir richtig in das Thema reinkippen, sollte ich vielleicht zuallererst betonen, dass es bei jedem kontroversen Thema auch hier so ist, wenn es etwas ist, das jemandem wirklich hilft, dann: “Hurra!”, lies am besten nicht weiter, denn dies ist nur meine ganz individuelle persönliche Meinung. Aber Fakt ist, wenn ich selbst auch nur irgendwo Positive Mindset lese oder höre, bin ich schneller dahin als der Roadrunner und mir wachsen Pusteln auf der Haut.
Aber fangen wir doch einfach einmal mit der Basis an:

Was bedeutet Positive Mindset – oder wie man bei uns sagt positives Denken – überhaupt?

Wie immer bei dieser Art von Beitrag möchte ich zu Beginn betonen, dass ich KEIN Psychologe bin oder sonst eine Ausbildung in diesem Bereich habe, sprich, ich gebe ausschließlich meine persönliche laienhafte Meinung wieder – just saying´.
Positives Denken ist ein Konzept, das uns bestimmt allen schon einmal durch diverse Magazine, Medien oder eben die allseits beliebten Lebensratgeber oder auch bei Motivationsseminaren untergekommen ist. Im Prinzip zielt diese Methode darauf ab, dass man durch permanentes bewusstes positives Denken seine Grundhaltung dauerhaft positiv beeinflussen kann, um die Lebensqualität zu steigern. Die Überzeugung, dass Dinge, die man für “wahr” hält, sich im Leben auch dazu verwirklichen, ist eine Grundbasis dieser Anwendung.

Keine Frage, das hört sich eigentlich sehr gut an und der Grundidee selbst bin ich auch nicht abgeneigt. Alles, was uns hilft, positiver und somit auch zufriedener durchs Leben zu gehen – hey, ich bin sofort dabei.
Positives Denken ist ein sehr großer Baustein im Bereich der Heilung und dessen Wichtigkeit will ich bestimmt nicht absprechen. Meine Kritik geht in die Richtung, in der eine wirklich gute Grundidee pervertiert wurde, da man das große Geschäft dahinter gewittert hat.
Abseits des medizinischen Bereichs wird positives Denken gerne als Lebenshilfe angeboten. Egal ob es um Erfolg, Glück, Zufriedenheit, um was auch immer geht, diverse Seminare und Ratgeber versprechen, dass man die positive Entwicklung all seiner gewünschten Ziele selbst in der Hand hat, rein durch die Macht der Gedanken. Und wer nicht von selbst positiv denken kann, der kann es lernen. Aber wie alles auf der Welt ist auch dies nicht kostenlos. Ganz im Gegenteil.

Mit der Unzufriedenheit der Menschen, mit wahren Problemen der Gesellschaft, mit dem Leid des Individuums kann man richtig gut Kohle machen – und da fahren mir die Pusteln auf der Haut schon wieder aus. Niemand will dir etwas schenken. Niemand hat wirklich Interesse daran, dein Glück aus reiner Nächstenliebe zu steigern und es ist definitiv kein persönliches Grundbedürfnis eines Herausgebers oder Seminarleiters, dass wir alle nur noch glücklich und sorglos durchs Leben gehen. Wer das glaubt, ist naiv, denn dann würden solche Seminare kostenlos angeboten werden.

Und genau an diesem Punkt setzt meine Kritik an. Im Übrigen stehe ich mit dieser Kritik nicht allein da. Psychologen und Psychiater warnen ausdrücklich davor, dass die Methode des Positive Mindsets labile und depressive Menschen weiter schädigen kann. Das Buch “Positives Denken macht krank. Vom Schwindel mit gefährlichen Erfolgsversprechen” des deutschen Psychotherapeuten Günter Scheich gilt als Standardwerk. Seine primären Kritikpunkte sind diese, dass “zwanghaft aufgesetztes positives Denken” NICHT auf der psychologischen Wissenschaft basiert, sondern dass es sich dabei rein um ein esoterisches Ratgebergebilde handelt. Zwanghaft positives Denken kann demnach nicht nur nutzlos sein, sondern auch tatsächlichen Schaden an der Psyche anrichten, denn Studien zeigten, dass viele Menschen, die bewusst positiv denken wollten, noch nie so stark negativ gedacht haben.Schwierig mit der Idee des positiven Denkens wird es vor allem dann, wenn dem – nennen wir es doch – “Konsumenten”, der eventuell das Ausbleiben des gewünschten Erfolgs kritisiert, eingeredet wird, dass er selbst schuld daran sei, da er es nicht stark genug gewollt hat. Was so weit gehen kann, dass dieser Mensch denkt, er sei an seinem Leid und Unglück selbst schuld, weil er es nicht geschafft hat, seine Gedanken stark genug zu beeinflussen. Der Verfasser eines Ratgebers oder der Leiter eines solchen Seminars trägt daran dann natürlich keine Schuld.
Speziell der Ansatz, etwas so lang als wahr zu betrachten, bis es auch tatsächlich einsetzt, kann bei labilen Menschen zu Realitätsverlust führen.

In so vielen Bereichen unseres Lebens haben wir inzwischen begriffen, dass der individuelle, persönliche Zuschnitt einer Therapie maßgeblich am Erfolg beteiligt ist. Eine spezielle Diät kann bei dem einen zu massivem Gewichtsverlust führen und beim anderen keine Wirkung zeigen. Und dasselbe gilt für solche Ideen wie beim Positive Mindset. Allein der Hausverstand sagt uns, dass gute, schöne Gedanken die Stimmung erhöhen können. Das muss mir niemand sagen, das weiß ich durch eigene Erfahrung, aber wenn wir uns ständig mit dieser Materie beschäftigen, Informationen dazu geradezu aufsaugen wie ein Schwamm und pausenlos an unserer “Selbstentwicklung” arbeiten, dann kann das nur zu Misserfolg führen.

Ja, auch ich sage immer wieder, dass ich an dem einen oder anderen arbeite, dass wir uns ständig weiterentwickeln können und sollten, und daran halte ich auch nach wie vor fest. Aber alles, was in Zwang und Druck ausartet, ist zum Scheitern verurteilt. Ich finde es einfach schauderhaft, wenn man sieht, wie viele Schauspieler, Blogger, irgendwelche Laien solche Bücher herausbringen oder über Social Media täglich diese Schlagworte Positive Mindset in die Menge werfen, ohne wirklich darüber nachzudenken oder auch nur ahnen zu können, welche Menschen das annehmen.Bin ich jemand mit einer gesunden Psyche, der eigentlich stark und selbstbewusst durchs Leben geht, und einfach der Meinung ist, ich könnte noch zufriedener sein, dann wird das nicht viel Schaden anrichten können. Aber es gibt eben auch eine Gruppe von Menschen, die mehr oder weniger hilflos dieser Thematik ausgeliefert ist. Die nicht nur gerne ein bisschen zufriedener wäre, sondern die wirklich massive Probleme hat und diesen Menschen einzureden, wenn du nur positiv genug denkst, dann wird sich jedes schwierige Thema in Luft auflösen und wenn es nicht so kommt, dann hast du es nicht stark genug gewollt – also um sich die Folgen auszumalen, braucht man kein Genie sein.

eine Lieben, die letzten Wochen habe ich mich von diversen Positive Mindset Schlachtrufen geradezu verfolgt gefühlt und deshalb musste ich dieses Thema noch einmal aufgreifen. Wie gesagt, prinzipiell bin ich sofort dabei, wenn es darum geht, dass positive Gedanken auch eine positive Wirkung nach sich ziehen können. Aber man kann NICHTS erzwingen. Schon gar nicht ist man selbst dafür verantwortlich, wenn man es eben gerade nicht schafft, sich aus seiner Negativitätsspirale zu befreien. Denn wie sage ich immer, jede Stimmung hat seine Berechtigung. Jede Stimmung muss ihren Platz haben. Heule, ziehe dir die Decke über den Kopf, lasse dich ab und zu so richtig gehen und suhle dich in deiner Downphase – nur verliere dich nicht darin. Und wenn es so ist, dann suche dir BITTE RICHTIGE HILFE. Die findest du in keinem Motivationsseminar und in keinem Lebensratgeber. Auch nicht bei mir (obwohl ich natürlich IMMER ein offnes Ohr für euch habe und meine Mailadresse steht euch immer offen). Aber es gibt Menschen, die haben das richtig studiert und wollen sich nicht nur ihr neues Auto damit finanzieren.
Was ich mit alldem sagen will – geht bitte immer behutsam mit solchen Modebegriffen um. Lasst euch nicht blenden von Versprechungen, von denen wir eigentlich wissen, dass sie nicht wahr sein können. Genauso wenig wie man mit einer Schokoladediät abnehmen kann, kann man von gestern auf heute ein glücklicher und erfolgreicher Mensch werden. Denn dann würde es nur schlanke und glücklich strahlende Menschen geben. Es gibt kein Allheilmittel, man kann nicht jahrelangen Raubbau an seinem Körper und seiner Psyche mit drei positiven Gedanken ausgleichen, aber man kann jederzeit damit anfangen, sich selbst etwas Gutes tun, anderen etwas Gutes tun, denn das macht definitiv glücklich, und das Geld, das man für Seminare und Ratgeber ausgeben wollte, einfach spenden. DAS macht ein fantastisches Gefühl und somit richtig gute Gedanken, das garantiere ich euch!
Alles, alles Liebe, love&peace,

*Quelle: Wikipedia, Google Recherche, eigene Erfahrungen