Benimmregeln 2000

Meine Lieben, diesen Beitrag habe ich schon so lang vor zu schreiben. Ich hatte dafür auch schon den perfekten Titel im Kopf, allerdings bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher, wie die rechtliche Lage ausschaut und heutzutage muss man schon sehr aufpassen, so als öffentlicher Verfasser …
Ich gehe jetzt einfach einmal davon aus, dass ein gewisser Freiherr von Knigge jedem ein Begriff ist und noch mehr sein wohl bekanntestes Werk. Deshalb hätte ich diesen Beitrag gerne mit seinem Namen betitelt, aber wie gesagt, durchs Romanschreiben habe ich doch viel dazugelernt und ich glaube zwar, da dieses Werk aus dem Jahr 1788 stammt, sollte die Nutzung seines Namens kein Problem darstellen, wie es allerdings in meinem Fall ausschaut, da die folgenden Worte nicht ganz ernst zu nehmen sind – ich gehe lieber auf Nummer sicher.

Wie gesagt, diesen Beitrag will ich schon ewig schreiben. Im Grunde denke ich mir jedes einzelne Mal, wenn ich auf der Straße unterwegs bin oder in zwischenmenschlichen Kontakt komme, dass es allerhöchste Zeit wird, denn es schaut so aus, als ob Knigges Benimmregeln und gepredigte Umgangsformen dringend überarbeitet gehören, wenn man mit der Zeit gehen will.
Wisst ihr was, ich erkläre hier jetzt am besten gar nicht lang herum, ihr werdet sowieso gleich verstehen, was ich meine …
Oh, und nur als kleiner Hinweis: I am the queen of sarcasm … ich wollt´s nur gesagt haben!

• Die erste und wichtigste Regel, die man sich bewusst machen sollte: Umgangsformen sind generell sowas von gestern. Wer etwas auf sich hält, der spart sich in Zukunft jede Grußformel, ein Bitte und Danke und verzichtet am besten generell auf Wortlaute, sondern verlegt sich auf ein Grunzen, das dem des rosafarbenen Nutztiers nicht unähnlich ist.
• Jede Form von Abstand halten oder eine gewisse Intimsphäre zu beachten wird als absolut unhöflich angesehen. Nein, komm im Gespräch auch wildfremden Menschen mit deinem Gesicht ganz nah, sodass dein Gegenüber in den Abgrund einer jeden Pore in deinem Gesicht blicken kann.
• Dasselbe gilt auf der Straße. Weiche niemals einer entgegenkommenden Person aus. Ein liebevolles Anrempeln führt zu zwischenmenschlicher Nähe. Genauso wie wenn man hinter einer Person geht. Im Idealfall laufe von hinten so dicht auf, dass du dem anderen auf die Ferse trittst und somit seine Schuhe ruinierst. Du stellst damit nicht nur einen ersten Kontakt her, sondern unterstützt mit diesen kaputt getretenen Schuhen zusätzlich die Wirtschaft.
• Zeit ist Geld. Verschwende nicht die Zeit eines anderen, indem du Sätze schön ausformulierst und zur Gänze aussprichst. Drei Stichworte reichen in der Kommunikation vollkommen aus, um sich zu verständigen. Vervollständige diese Worte nur mit bereits erwähnten Grunzlauten, das spart Zeit und untermalt das Gespräch zusätzlich mit sanften akustischen Lauten.
• Kellner, Verkäufer und anderes Dienstleistungspersonal sind deine Untergebenen. Zwar wurde die Haltung von Sklaven (leider) abgeschafft, aber so hast du die Möglichkeit, dieses historische Gut wieder aufleben zu lassen. Kellner, Krankenpersonal, Busfahrer, sie alle existieren nur, um dir zu dienen und wollen auch dementsprechend behandelt werden.
• Scheue nicht davor zurück, andere Menschen auf ihre Fehler aufmerksam zu machen. Wenn ein Kellner eine Bestellung verwechselt oder die Verkäuferin nicht schnell genug arbeitet, dann teile dies lautstark und in wenigen Worten (und Grunzlauten) mit. Achte darauf, dass es auch jeder im Umkreis mitbekommt. Nur so hilfst du ihnen, zu wachsen. Wie gesagt, es ist ein Dienst an ihnen, denn sie haben genau aus diesem Grund diese Berufswahl getroffen. Sie wollen wie Sklaven behandelt werden. Ein Bitte, Danke oder anderes höfliches Wort berührt sie nur peinlich und sollte unterlassen werden.
• Körperhygiene ist ein rein von den Medien und Kosmetikherstellern gepushtes Anliegen. Der ureigene Geruch, unterstützt durch reduziertes Waschen und Sommerhitze, ist ein willkommenes Phänomen und sollte nicht unterdrückt werden. Das Benutzen eines Deodorants kann sogar gesundheitsschädigend sein und sollte wirklich nur in sehr seltenen Fällen zum Einsatz kommen.
• Dasselbe gilt für die Mundhygiene. Wie bereits erwähnt: Zeit ist Geld. Wer morgens dringend zu einem Termin muss, kann das Zähneputzen ohne weiteres auch auf einen späteren Zeitpunkt verlegen. Ganz wichtig ist es, sich an die neuen Regeln des Intimabstands zu besinnen und im Gespräch trotzdem dem Gegenüber so nah wie möglich zu kommen.

• Nimm niemals Rücksicht auf andere. Eine Weiterentwicklung der Gesellschaft ist nur dann möglich, wenn jeder ausschließlich auf sich selbst schaut. Du bist dir selbst der Nächste. Verinnerliche diesen Ausspruch, nur so kommst du zu Erfolg. Wer damit nicht umgehen kann und zu schwach ist, wäre sowieso eine Belastung für die Gesellschaft.
• Aus Nachhaltigkeitsgründen ist das Benutzen von Messer und Gabel und eine unnütze Ansammlung von Geschirr am Esstisch nicht mehr erwünscht. Die linke Hand sollte immer frei bleiben, um auch bei einem geselligen Essen jederzeit zum Smartphone greifen zu können. Das Essen wird dabei rein von der rechten Hand mit dem Löffel in den Mund geschaufelt. Um Flecken auf dem zum Glück nur noch in seltenen Fällen vorhandenen Tischtuch zu vermeiden, halte den Mund möglichst nah am Teller.
• Pünktlichkeit ist ein sehr dehnbarer Begriff, der für sich selbst bestmöglich ausgelegt werden sollte. Jeder ist sich selbst der Nächste und sollte somit seine Termine so legen, dass keine unnötigen Wartezeiten entstehen. Der Gesprächsteilnehmer bzw. Wartende wird dankbar sein für den so geschaffenen Freiraum.
• Bringe dich niemals selbst in Gefahr, um für andere einzustehen. Wenn du mitbekommst, wie ein anderer schlecht behandelt wird, beschimpft wird oder vielleicht sogar tätlich angegriffen, wechsle die Straßenseite und schaue demonstrativ in eine andere Richtung. Du willst das Opfer doch nicht noch zusätzlich beschämen.
• Eine Frau trägt einen kurzen Rock oder ein ausgeschnittenes Top rein zu dem Zweck, um ein männliches Wesen damit anzulocken. Nicht zu pfeifen oder sexuelle Anspielungen zu machen, würde sie beleidigen und ist ein extrem unhöfliches Verhalten. Auch verlangt diese Kleiderwahl geradezu nach Körpernähe. Gib dieser Frau genau das, wonach sie sich offensichtlich so sehnt.
• Nichts anderes als die eigene Meinung zählt und man sollte niemandem die Gelegenheit aufzwingen, dem widersprechen zu müssen. Vielen Menschen fällt es außerdem schwer, lang vor sich hinzureden, deshalb sollte man seinen Gesprächspartner so oft wie möglich unterbrechen, das gebietet die Höflichkeit.
• Müll sollte immer und sofort auf der Stelle entsorgt werden. Sei es ein Kaugummi, der auf die Straße ausgesondert wird, ein benutztes Taschentuch, das man an den Straßenrand wirft, oder der Zigarettenstummel, der gegen die nächste Hauswand geschnippt wird. Dies unterstützt den Berufsstand der Straßenreiniger, die man bestimmt nicht um ihre Tätigkeit bringen will.
• Wenn das Reiseziel in ein “ärmeres” Land geht, sollte der eigene Wohlstand und Reichtum möglichst sichtbar zur Schau gestellt werden. Die Bevölkerung bekommt selten Luxusgüter zu sehen und sie werden sich an diesem Anblick erfreuen. Außerdem dient es zusätzlich als Ansporn.

eine Lieben, ich möchte bitte noch einmal betonen, dass mein “Knigge 2000” mit Humor zu nehmen und natürlich sarkastisch gemeint ist. Ab und zu wünschte ich, die Benimmschule, wie man sie aus den 50er Jahren kennt, würde wieder eingeführt werden. Natürlich bin ich froh, dass heute nicht mehr alles so steif ist, aber mit Jeans und Sneaker ins Theater gehen, dass ein Bitte und ein Danke heutzutage Fremdwörter sind und überhaupt der Umgangston untereinander, das schmerzt teilweise ganz schön.
Ich freue mich auf unser Wiederlesen nächsten Donnerstag, denn wir sind schon wieder beinahe am Ende des Januars angelangt und was das heißt, das sollten zumindest die MirliMe Insider alle wissen, oder irre ich mich?! Alles, alles Liebe inzwischen, love&peace,