(k)ein Hallow(i)een

Meine Lieben, falls es euch noch nicht aufgefallen sein sollte, ich bin einer der konsequentesten Menschen auf diesem Planeten. Außer ich bin inkonsequent. Dann bin ich allerdings konsequent inkonsequent.
So, das war´s für heute, macht aus dieser Information, was ihr wollt, wir lesen uns in ein paar Tagen wieder, alles Liebe!

Scherz natürlich, aber mich würde jetzt schon interessieren, wer ungefähr eine Ahnung hat, was ich mit meiner Einleitung (und dem Titel) gemeint haben könnte und wer noch völlig im Dunkeln tappt.

Lasst mich mal weiiit ausholen! Dass ich kein allzu großer Silvesterfan bin, das sollte inzwischen hinlänglich bekannt sein. Ich kann mit dem Jahreswechsel nichts anfangen, verstehe nicht, warum man wie besessen eine Uhr und einen Kalender anstarrt und dann in Begeisterungsstürme ausbricht, weil etwas passiert, das täglich sowieso zweimal passiert – der Stundenzeiger springt auf 12 Uhr.
Und trotzdem sitze ich jedes Jahr da, starre meine Uhr und meinen Kalender an und stoße darauf an, dass passiert, was ohnedies zweimal jeden Tag das ganze Jahr über passiert.
Und freue mich sogar ein klein wenig darüber.Neben Silvester gibt es da noch so ein Ereignis, mit dem ich nichts anfangen kann. Hinzu kommt noch, dass es nicht einmal Teil unserer Kultur ist und zumindest in meiner Kindheit noch keine Rede davon war – Halloween. Schon klar, ich weiß, dass Kinder heute damit aufwachsen, dass es bereits im Kindergarten und in der Schule Thema ist und irgendwann wird niemand mehr wissen, dass es nicht schon immer österreichisches Brauchtum war. Trotzdem gehöre ich einer Generation an, die ohne geschnitzte Kürbisse und “Trick or Treats” aufgewachsen ist und das alles nur als ein weiteres Fest des Konsums ansieht.

Zugegeben, ich kann auch mit Fasching nichts anfangen, würde nie auf die Idee kommen, mich zu verkleiden, und damit bin ich sehr wohl bereits im Kindergarten in Berührung gekommen (na ja, die kleine Mirli hat sich schon gerne als Prinzessin verkleidet). Spätestens als Teenager habe ich das alles allerdings nur noch peinlich gefunden und auch jetzt finde ich es befremdlich, wenn sich Erwachsene in Kostüme werfen und bis zur Besinnungslosigkeit besaufen.
Aber wie sagt Tante Mirli immer – jedem, was gefällt. Solang es einen glücklich macht, soll man machen, was einem Spaß macht. Ich halte mich an gewissen Tagen einfach von der Öffentlichkeit fern.

Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema – Kürbisse, “Trick or Treats” und All Hallow´s Eve. Schön langsam könnte es klingeln, was meine Einleitung gemeint haben könnte.

Vor der Auflösung vielleicht noch eine kurze Erklärung und ein paar historische Fakten:

All Hallow´s Eve (“Aller Heilig Abend”) – bekannt als Halloween – wird der Abend und die Nacht vor Allerheiligen genannt. Das Brauchtum um dieses Fest herum war ursprünglich vor allem im katholischen Irland verbreitet. Die irischen Einwanderer haben ihre Bräuche dann mit in die USA und nach Kanada gebracht und dort weiter ausgebaut. 
Seit den 90er Jahren verbreiten sich diese Halloween-Bräuche in der US-amerikanischen Ausprägung auch im kontinentalen Europa, wobei es hierbei anfangs starke regionale Unterschiede gab. Vor allem in traditionellen Kürbisanbaugebieten wie der Steiermark oder im Spreewald wurde Halloween sehr schnell angenommen.

Wie auch immer, historische Fakten hin oder her, schleichend über die letzten Jahre hat sich dieses Fest in den meisten Haushalten und vor allem Konsumtempeln breitgemacht und heute denkt sich niemand mehr etwas dabei, dass ab September heimische Regale in Supermärkten mit allerlei schwarz/orangen Süßigkeiten gefüllt sind, Kürbisfratzen und Spinnweben Eingangsportale schmücken und sich nicht selten das eine oder andere Kind am 31. Oktober vor die eigene Haustür verirrt und Süßigkeiten verlangt.

Langer Rede kurzer Sinn, ich kann mit Halloween genauso wenig anfangen wie mit dem Valentinstag, finde beides nur künstlich erzeugte Festtage, um den Schokoladeverkauf anzukurbeln und unsinniges Dekozeug an die Massen zu bringen.

Und trotzdem, obwohl ich mit dem Tag nichts anfangen kann, Halloween nicht zu meinen persönlichen Brauchtümern zählt, mich das ganze Getue darum nervt, ich niemals auf die Idee kommen würde, mir irgendwelche blutrünstigen Narben ins Gesicht zu malen – jeden letzten Tag im Oktober kaufen mein Mann und ich zuuufällig jede Menge ungesundes Naschzeug, wählen zuuufällig einen Gruselfilm aus und machen aus diesem 31. Oktober zuuufällig doch immer irgendwie etwas Besonderes. Meist benutze ich als Hintertürchen die Ausrede, dass ich als braver Protestant eigentlich nur den Reformationstag feiere (*g*).Ja, ich bin der konsequenteste Mensch auf diesem Planeten. Wenn ich etwas nicht mag, dann mag ich es nicht. Punkt. Aber wenn ich dann doch einmal über meinen Schatten springe und inkonsequent bin, dann so richtig konsequent inkonsequent.

Um in diesem Jahr konsequent inkonsequent Halloween nicht zu feiern, haben wir uns frühmorgens in den Flixbus gesetzt und sind nach HalloW(i)(e)en gedüst. Der perfekte Ort, um Halloween inkonsequent nicht zu feiern.

Und wenn ich sage der perfekte Ort, dann ist das auch genau so gemeint, denn dieser Tag war … mir fällt ehrlich kein zutreffendes Wort ein … besonders. Ja, ich glaube, so kann man es am besten beschreiben. Dieser Wientag war besonders.
Er war besonders schön,
besonders gemütlich,
besonders entspannt,
einfach besonders.
Auch wenn ich zugeben muss, dass ich mich weniger “halloweenig” als weihnachtlich gefühlt habe, aber wer wäre ich, wenn ich mich darüber beschweren würde. Ehrlich, ungefähr alle dreißig Minuten habe ich meinen Mann in die Seite geboxt und zugeflüstert, wie – na ja – weihnachtlich ich mich fühle. Wie gut, dass mein Mann ein mindestens genauso großer Weihnachtsfreak ist wie ich und jedes einzelne Mal zurückgeflüstert hat: “Ich auch”.

Halloween hin, Weihnachten her, Wien ist immer eine Reise wert.
Lasst uns den Tag doch am besten einfach von vorne beginnen, denn um 7.30 Uhr sind wir bereits im Flixbus gesessen (erste Reihe fußfrei natürlich), hatten uns vorher noch ein Frühstück beim Bäcker besorgt, und um 8.00 Uhr ist es auch schon losgegangen.
Bei Sonnenschein und anstehenden zwanzig Grad haben wir Graz verlassen und sind ins trübe, neblige, dreizehn Grad “kalte” Wien gefahren. Glaubt es oder nicht, ich habe mich ungelogen so sehr über dieses Wetter gefreut. Nicht, dass ich nicht ein absoluter Sonnenanbeter wäre, aber nach tagelangem Sonnenschein und viel zu warmen Temperaturen war ich sowas von bereit für richtig kuschliges Herbstwetter. Und, was das angeht, ist auf Wien Verlass.

Der erste Stopp nach unserer Ankunft am Westbahnhof war “La Mercerie” im Servitenviertel. Wenn ihr einmal nach Wien kommt, MUSS diese kleine Boulangerie auf eure Besuchsliste. Ich war seit über zwei Jahren nicht mehr dort und es war die perfekte Wahl für den Start in diesen besonderen Tag.
Ich sage nur so viel: Chansons als Hintergrundmusik, ein Kellner, der nur französisch spricht, die besten, buttrigsten Croissants aller Zeiten, heißer Tee – und dazu dieses Ambiente. Ich glaube, wir sind bestimmt über eine Stunde dort geblieben. Ich habe jede Sekunde davon geliebt, mich nach Paris zurückversetzt gefühlt und, na ja, ein bisschen weihnachtlich habe ich mich auch gefühlt. Aber Pssst!, das bleibt unter uns.Mit der Straßenbahnlinie D sind wir im Anschluss teilweise den Ring entlang in die Innenstadt gefahren und sind dort – was ich am liebsten mache – ohne Plan durch die Gegend geschlendert. Da es tatsächlich ziemlich kühl war, haben wir uns sehr bald zwei heiße Getränke beim Lieblingsamerikaner geholt (Pumpkin Spiced, what else) und sind damit den Graben entlangspaziert. Zwischendurch haben wir immer wieder ein paar Geschäfte durchstöbert, aber, wie sehr häufig in letzter Zeit, hat mir das nach Geschäft Nummer drei schon wieder gereicht.

Was ich nicht erklären kann, was mit diesem Tag los war. Die Zeit ist uns wie Sand durch die Finger gerieselt und wir können uns nicht erklären, warum. Jedes Mal, wenn wir auf die Uhr geblickt haben, war es wieder eine Stunde später. Obwohl wir gefühlt eigentlich nichts gemacht haben, außer zu genießen. Zu leben.
Na ja, wahrscheinlich kann man sagen, alles richtig gemacht. Denn meist ist eine schnell vergehende Zeit ja die Antwort darauf, wenn man eine richtig gute Zeit hat.

Da unsere Füße langsam immer müder wurden, haben wir einen erneuten Abstecher nach “Paris” gemacht und sind dafür im Bistro “Beaulieu” in der Ferstel Passage gelandet, was mir eine Freundin bereits mehrmals empfohlen hatte. Diese Passage ist ein Wiener Schmuckstück und dort zu sitzen bei einem Gläschen Wein, Baguette und für meinen Mann eine Soup of the day bzw. natürlich Soupe du jour war auch schon wieder so ein Lieblingsmoment – und weihnachtlich, eindeutig weihnachtlich.

Nachdem wir am Tag zuvor die Uhr auf Winterzeit gestellt hatten und es den gesamten Tag sowieso nie richtig hell geworden ist, UND es tatsächlich Zeit wurde, haben wir uns im Anschluss gemütlich auf den Weg zurück Richtung Bahnhof gemacht. Wir sind die sehr belebte und bereits dunkle Mariahilferstraße entlangspaziert. Und auch wenn ihr mich gleich steinigt, ehrlich, wenn jemand behauptet hätte, wir haben den zweiten Adventsamstag und alle erledigen gerade ihre Weihnachtseinkäufe, ich hätte es ohne Umschweife geglaubt – und alle, die mit dem Thema wirklich noch nichts anfangen können, halten sich jetzt bitte Ohren und Augen zu, aber als wir im Flagshipstore von Depot gelandet sind, dort Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern geschallt hat und die ganze Filiale ein einziges Winterwonderland war – jetzt mal ehrlich, wenn man da nicht in Stimmung kommt, dann sollte man sich seinen grünen Grinchbauch kraulen und in einer Höhle verkriechen.Zurück am Bahnhof haben wir uns im Supermarkt noch Proviant für die Heimfahrt besorgt und ratet mal, was das wohl war!
Na ja, und dann, dann ist es doch noch ein wenig konsequent inkonsequent Halloween geworden. Zurück in Graz habe ich nicht gepackt, wie viel in der Stadt los war. Normalerweise “verstecke” ich mich an solch ausgewählten Tagen ja zu Hause, deshalb  habe ich nicht mitbekommen, wie sehr Halloween tatsächlich inzwischen bei uns angekommen ist. Am Weg von der Bushaltestelle nach Hause sind wir unzähligen Maskierten begegnet. Im Grunde war die gesamte Innenstadt eine einzige Partymeile.

Dieser Atmosphäre haben wir uns, kaum zu Hause angekommen, dann doch noch angeschlossen und hier schließt sich der Kreis. Wir haben die Weihnachtsstimmung doch noch mal in den Keller gepackt, “The Watcher” aufgedreht und ganz Halloween-like dazu ungesunden Naschkram verdrückt. Einfach the best of Halloween, um konsequent inkonsequent nicht zu feiern.

Oh what a day kann ich nur sagen. Was für ein perfekter, besonderer Tag.
Ein wenig inkonsequent Halloween nicht feiern, ein wenig verfrühtes Weihnachten, ganz viel Paris Nostalgie und besonders viel Wienliebe.

Es gibt so Tage, wenn eins meiner Lieblingszitate richtig zum Tragen kommt:
“I love those moments when you just smile and think *I love life*”!
Das sind doch die perfekten Schlussworte und dem ist nichts hinzuzufügen!

eine Lieben, ratet mal, wie lang ich jetzt schon vor mich hin rätsle, in welche Kategorie ich diesen Beitrag stecken sollte. Travel? Lifestyle? Beides? Aber ist doch eigentlich auch egal. Schubladendenken gewöhne ich euch doch sowieso gerade ab.
Wisst ihr was? Ich halte jetzt am besten einfach meine Klappe. Dies ist der sehr wahrscheinlich seltsamste, zusammengewürfeltste, planloseste Beitrag ever – genau wie es dieser Tag war. Und sind das nicht immer die besten Tage? Ein bisschen planlos, ein bisschen seltsam – aber unvergesslich.
Ihr Lieben, wir lesen uns bereits am Dienstag wieder und ich verspreche, dann geht es hier wieder gesitteter und konzentrierter zu! Alles Liebe, love&peace,