Sieben

Meine Lieben, passt auf, jetzt kommt ein Satz, den ihr unter Garantie noch nie bei MirliMe gelesen habt. Und schon gar nicht an einem dreißigsten Januar. Na, seid ihr bereit?
Unglaublich, aber wahr, MirliMe wird sieben Jahr. Ha, gelogen! Natürlich habt ihr den Satz hier schon gelesen und das sogar bereits zum siebten Mal an einem dreißigsten Januar! Ja, kaum zu glauben, aber wahr, es ist tatsächlich schon wieder ein Jahr vergangen.
Irgendwie ist es ja lustig. Ich käme nie auf die Idee, an Silvester so etwas wie einen Jahresrückblick zu verfassen. Meist fällt mir irgendwann Mitte Januar auf, dass ich keinen “richtigen” Neujahrsbeitrag geschrieben habe und dann macht es auch keinen Sinn mehr. Aber alljährlich zum Bloggeburtstag bin ich so verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk, wenn es ans emotionale Zurückschauen geht.Sehr wahrscheinlich wird es daran liegen, dass ich so unglaublich gerne Geburtstag feiere. Und nur der Form halber, damit das hier festgehalten ist, heute hat natürlich nicht nur MirliMe Geburtstag, sondern der technische Kopf (kann man das so sagen?) hinter all dem hier ebenso – mein Mann. Also an dieser Stelle von mir (und bestimmt von euch allen) ein ganz liebes und dankbares HAPPY BIRTHDAY an ihn, an MirliMe – und einfach an jeden, der heute seinen Schlüpftag feiert.

Falls jemand von euch zusammengezuckt ist, als er anfangs das Wort Jahresrückblick gelesen hat – keine Angst, ich werde jetzt nicht sentimental und zähle alle Urlaube, jeden getrunkenen Chai und jeden besonderen Moment auf, dafür gibt es schon meinen “Momentesammler” allmonatlich. Was ich aber sehr gerne mag, ist ein – hmmm, wie nenne ich es am besten? – Gefühlsrückblick? Nein, das hört sich falsch an. Ich weiß nicht, wie ich es benennen soll, aber das passt eigentlich perfekt zum vergangenen Jahr.

2022 war bestimmt ein sehr intensives und forderndes Jahr für mich, aber rein in positiver Hinsicht gemeint. Ich habe das Gefühl, zumindest wenn ich auf mein eigenes Leben zurückschaue, dass man in regelmäßigen Abständen einen enormen Entwicklungsschub durchmacht. In sehr jungen Jahren passiert das mehr oder weniger täglich, dann werden die Abstände größer und im Erwachsenenalter – zumindest kommt es mir so vor -, passiert es alle sieben bis zehn Jahre. Natürlich geschieht jede Veränderung und Entwicklung schleichend jeden Tag und nicht von heute auf Morgen. Oft ist es ein Prozess, der sich über eine sehr lange Zeit hinzieht, wogegen man sich anfangs vielleicht sogar wehrt, bis zu dem Moment, wenn man es endlich zulässt und dann rüttelt einen dieser Entwicklungsschub wie ein Bombeneinschlag durch, obwohl es im Grunde eigentlich eben nicht so plötzlich passiert ist.
Könnt ihr nachvollziehen, was ich damit meine?

Wenn ich genauer darüber nachdenke, habe ich gerade in den letzten Monaten und vielleicht sogar Jahren hier des Öfteren etwas in diese Richtung erwähnt. Allein wenn ich sieben Jahre zurückdenke, als ich eben auf den Tag genau heute meine ersten Worte veröffentlicht habe, was für ein komplett anderer Mensch ich damals war. Sieben Jahre kommen einem nicht viel vor, aber wenn ich auf den Weg zurückblicke, den ich inzwischen gegangen bin, dann kommt es mir nicht wie sieben Jahre, sondern eher wie sieben Leben vor.
Aber darauf will ich heute gar nicht hinaus.

Es ist einfach so, dass in den letzten sieben Jahren mit mir sehr viel passiert ist und ich von Jahr zu Jahr gemerkt habe, dass sich etwas in mir tut. Dass da enorm viel in Bewegung ist, aber es ist eben dieses vergangene Jahr, das schlussendlich wie eine Bombe eingeschlagen hat. Ein sehr großer Zünder davon waren bestimmt die Erkenntnisse, die ich durch die Lektüre diverser philosophischer Bücher und Chroniken gewonnen habe. Wahrscheinlich könnt ihr es schon bald nicht mehr hören, aber ich kann und vor allem will ich hier nur über das schreiben, was mich gerade beschäftigt, was mich umtreibt, was mich weiterbringt. Seit einem Jahr ist das eben zum Großteil mein Selbststudium des französischen Existenzialismus, meine beinahe Obsession für Sartre und insofern würde ich euch gerne versprechen, dass ich das Thema in Zukunft etwas minimiere, aber dann wäre es nicht mehr ich. Und wenn mich mein Gefühl nicht ganz täuscht, habe ich ja einige von euch inzwischen schon mit meiner Faszination angesteckt.
Aber auch darauf will ich heute nicht hinaus.

Woran es auch immer liegen mag, ob an eben genannter Lektüre, ob am Älterwerden, ob an den enormen Belastungen durchs Alltags- bzw. durchs Weltgeschehen, im Endeffekt ist der Grund nicht einmal wichtig, denn das Einzige, das zählt, ist der Punkt, an dem ich heute stehe. Der Punkt, der sich noch nie so richtig angefühlt hat. Als ob alles genau so sein muss. Als ob alles, was ich bisher in meinem Leben erlebt habe, durchgemacht habe, entschieden habe, zu diesem Punkt führen musste.

Ja, es fühlt sich alles einfach so richtig an. Ich fühle mich so richtig an. Immer wieder ist genau dieser Satz im letzten Jahr schon in diversen Blogbeiträgen aufgeschienen. Auch drehen sich sehr viele meiner Beiträge um genau dieses Thema – Weiterentwicklung. Was nur natürlich ist, wenn man rein über das schreiben möchte, was einen gerade persönlich betrifft.
Trotzdem erinnere ich kurz daran, dass ich zu Beginn dieses Beitrags nicht wusste, wie ich es benennen soll, was ich heute hier schreiben will und dass das gut zu dem Jahr passt, das ich ebenfalls nicht richtig benennen und kategorisieren kann. Ich habe gesagt, dieses Jahr 2022 war extrem fordernd und intensiv, aber rein positiv gemeint. Es war ein fantastisches Jahr. Gefühlt hat sich ein Lieblingsmoment an den anderen gereiht und ich würde mir wünschen, dass 2023 zumindest ein wenig an das Vorjahr heranreicht, dann wäre ich schon glücklich. Das sagt eigentlich alles aus.

Trotzdem hatte ich auch mit einigem zu kämpfen.
Etwas, von dem ich denke, dass es tatsächlich vor allem mit dem Alter zu tun hat, ist der Wunsch, in seinem Leben einmal ordentlich durchzuputzen. Wie ihr wisst, bin ich die Queen des Großputzes und Ausmistens. Ich habe kein Problem damit, meine Wohnung regelmäßig von Staubfängern und unnötigem Plunder zu befreien. Minimalismus zieht sich bei mir eben durch jeden Teil meines Lebens. Was ich in meiner Wohnung, in meinem Kleiderschrank und anderen Bereichen bis zur Perfektion betreibe, habe ich in meinem Leben allerdings bisher eher vernachlässigt.

Es ist etwas, das bestimmt mit dem Alter zu tun hat, dass mir jede Minute meines Lebens kostbarer und kostbarer erscheint. Dass man, je älter man wird, genau überlegt, wofür man seine Zeit verwenden möchte und wofür nicht. Dass man sich Entscheidungen, die man zu lang vor sich hergeschoben hat, endlich stellen muss. Dass man manches loslassen muss, von dem man schon länger weiß, dass es einem nicht guttut, auch wenn es noch so schwerfällt.
Vieles in meinem Leben musste ich im Vorjahr überdenken. Manche Erkenntnis war schmerzhaft, weshalb ich eben nicht sagen kann, 2022 war das beste Jahr meines Lebens – und dann war es das aus demselben Grund eben doch. Ach, verdammt, es ist so schwer, über etwas zu schreiben, das einen schon bedeutenden Punkt des vergangenen Jahres betrifft, aber so persönlich ist, dass man nur so kryptisch bleiben möchte. Und man im Grunde auch nicht weiß, wie man es richtig in Worte fassen soll.

Sagen wir einfach, es gibt Situationen im Leben, durch die man durch muss, ob man will, oder nicht. Man weiß, dass sie schmerzhaft sein werden, aber dass es zum Erwachsenenleben dazugehört, sich solchen Situationen und solchen Entscheidungen zu stellen. Es ist wie mein Nabelbruch vor ein paar Jahren. Ich hatte zwei Jahre lang Schmerzen, wusste, ich muss mich früher oder später operieren lassen, weil es von selbst nicht besser werden kann. Da ich dazwischen immer wieder schmerzfreie Phasen hatte, habe ich es vor mir hergeschoben, aber als ich den Eingriff dann endlich vornehmen habe lassen und alles verheilt war, das war besser, als hätte ich nie einen Nabelbruch gehabt. Ergibt das Sinn? Ich wusste nun, dass es nicht selbstverständlich ist, keine Schmerzen zu haben und wusste deshalb jeden schmerzfreien Tag umso mehr zu schätzen.

Langer Rede kurzer Sinn, 2022 war ein Jahr der Veränderung, der Selbsterkenntnis, der Weiterentwicklung. Ich habe einen Weg eingeschlagen, der sich so neu anfühlt, der mich an Orte bringt, an denen ich vorher nicht war. Den ich mir ganz allein so ausgesucht habe und genau deshalb fühlt er sich so gut an. Ich möchte herausfinden, wohin mich dieser Weg 2023 führen wird, denn ich habe nicht vor, umzukehren. Das letzte Jahr war unbeschreiblich, spätestens seit Paris wusste ich, dass ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat, und auch wenn das neue Jahr noch so frisch ist, es fühlt sich jetzt schon großartig an.

Ich liebe, wo ich bin. Ich liebe, was ich tue. Ich liebe, wer ich bin (und es war ein langer Weg, das so sagen zu können). Ich möchte nicht anders sein. Ich liebe, mit wem ich bin und bin unendlich gespannt, wohin mich mein Weg noch führen wird.
What a ride!
Und was für ein Geschenk – Leben!

eine Lieben, vielleicht erinnert ihr euch, als wir vor einem Jahr Geburtstag gefeiert haben, habe ich euch erzählt, dass ich im Vorjahr mit vielem gehadert habe. Auch mit diesem Blog. Ich hatte eine kleine Sinneskrise, habe mich gefragt, was ich hier eigentlich treibe und ob und wie ich weitermachen möchte. Heute kann ich euch sagen, ich war mir selten so sicher, dass das hier genau mein Weg ist. Im letzten Jahr habe ich keine Sekunde daran gezweifelt, dass ich liebe, was ich mache. Und das hat eigentlich ausschließlich mit euch zu tun. Wenn ihr wüsstet, wie oft ich alte Beiträge durchlese. Nicht einmal unbedingt meine Worte, sondern eure Worte, eure Kommentare, eure Nachrichten. Ihr seid besser als jede Therapiecouch, besser als jeder Lebenscoach – einfach die beste Nahrung für die Seele. Ihr bedankt euch immer bei mir, aber ich muss mich genauso bei euch bedanken. Ihr geht diesen Weg schon so lang mit mir gemeinsam und aus eigener Erfahrung als Leser weiß ich, dass man irgendwann das Interesse verliert oder jemand, von dem man früher jede Kleinigkeit verfolgt hat, einem plötzlich farblos und uninteressant erscheint (diese Erfahrung habe ich gerade in letzter Zeit sehr häufig gemacht). Dass ihr also alle (na ja, gut, alle, das kann ich schwer nachprüfen) noch hier seid, euch noch immer die Zeit nehmt, euch mit mir zu unterhalten (ich werde nicht müde, mich vor allem dafür zu bedanken), das ist ein Geschenk. Es gibt da dieses Zitat und ich werde versuchen, es richtig zusammenzubekommen: “Wenn du liebst, was du tust, musst du nie wieder arbeiten.” Und genau das trifft auf mich zu.
2023 fühlt sich jetzt schon großartig an. Letztens habe ich es bereits kurz erwähnt, ich bin seit Anfang des Monats zurück in der Schreibwerkstatt und ich hatte vergessen, wie befriedigend sich das Schreiben auf diese Weise anfühlt. Ich möchte heute noch nicht zu viel verraten, das hole ich in Kürze nach, aber ich habe so das Gefühl, dieses Jahr kann niemals ein schlechtes werden. Manchmal muss man zwei Schritte zurückgehen, damit man über die Hürde, die vor einem liegt, springen kann. Und ich sag´s euch, für meinen Sprung und meine Landung gebe ich mir selbst eine 10.0!
Happy Birthday MirliMe! Happy Birthday uns allen! Ich danke euch, dass ihr hier seid, dass ihr mir ermöglicht, zu tun, was ich liebe. Dass ich durch euch das Schreiben gefunden habe – oder das Schreiben mich – und dass ihr diesen – meinen – Weg mit mir gemeinsam geht! DANKE!