Die kleine große Stadt – Tübingen

*Aufgrund der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Transparenz möchte ich euch darüber informieren, dass dies ein bezahlter Werbepost ist, allerdings bereise ich diese Region seit meiner Kindheit und gebe ausschließlich meine persönliche Meinung wieder.

eine Lieben, als ich noch dabei war, mich auf unsere Reise vorzubereiten, bin ich zum ersten Mal über diesen Slogan – Tübingen, die kleine große Stadt – gestolpert und konnte nicht wirklich viel damit anfangen. Wortspiele sind mir zwar nicht gerade fremd, wie ihr wisst, aber ich hatte keine richtige Vorstellung, wie das gemeint sein könnte. Jetzt, nachdem ich einen unvergesslichen Tag in Tübingen verbringen durfte, weiß ich genau, was damit gemeint ist. Tübingen, die kleine große Stadt, ja, besser kann man es nicht ausdrücken.Mit rund 90.000 Einwohnern ist die Stadt am Neckar zwar nur ein Drittel so groß wie meine Heimatstadt Graz, allerdings hat es sich, als ich durch die idyllischen Gässchen und Straßen spaziert bin, eher wie das genaue Gegenteil angefühlt. Ungelogen, bereits als ich meine ersten Schritte aus dem Parkhaus hinaus gemacht habe, wusste ich, ich werde mal wieder einen Teil meines Reiseherzens verlieren. Wie könnte es einem aber auch anders ergehen. Diese Historie, die einzigartige Architektur (dazu komme ich gleich noch), blitzblauer Himmel, der Neckar, der seine ganz eigene Rolle in diesem Stadtleben spielt. Hach, am liebsten würde ich sofort zurück und den Tag noch einmal von vorne beginnen.
Naja, und irgendwie kann ich das sogar, denn mit euch gemeinsam spaziere ich heute noch einmal durch Tübingen – die kleine große Stadt.

Bevor wir loslegen, nerve ich euch allerdings noch schnell mit den wichtigsten Fakten, so gut müsstest ihr mich inzwischen eigentlich kennen. Aber ich verspreche, ich halte mich kurz:

Was ihr über Tübingen wissen solltet:

• Die Universitätsstadt Tübingen findet ihr im Zentrum von Baden-Württemberg.
• Die Stadt liegt am Neckar etwa dreißig Kilometer südlich von Stuttgart.
• Um die 90.000 Einwohner haben hier ihr Zuhause gefunden.
• Gemeinsam mit der Nachbarstadt Reutlingen bildet sie eines der vierzehn Oberzentren des Landes.
• Nach Ludwigsburg und Esslingen ist Tübingen die drittgrößte Mittelstadt Baden-Württembergs.
• Mit der 1477 gegründeten Eberhard Karls Universität gehört Tübingen  zu den ältesten deutschen Universitätsstädten, was sich im städtischen Leben durch die fast 30.000 Studierenden bemerkbar macht.
• Mit einem Altersdurchschnitt von rund vierzig Jahren ist Tübingen eine der jüngsten Städte Deutschlands.

Etwas, das ihr sehr wahrscheinlich noch nicht von mir wisst, ist meine Liebe für Fachwerkhäuser. Ein Baustil, den man in Österreich – würde ich jetzt einmal behaupten – eher nicht zu Gesicht bekommt. Jetzt ratet einmal, wer in Tübingen, was die Fachwerkromantik angeht, voll auf seine Kosten gekommen ist? Was diese Stadt so besonders macht, ist Historie auf der einen Seite, die man in jedem Pflasterstein und jeder Hausmauer finden und fühlen kann, gegenüber dieser quirligen, jungen Studentenmetropole. Ein Kontrast, der den Besuch von Tübingen zu einem absoluten Erlebnis macht.

Dieses junge Flair lässt sich auch im Gastronomieangebot wiederfinden. Es ist ja nicht so, dass ich in unserem Nachbarland Deutschland noch nicht viel herumgekommen bin. Vielleicht erinnert ihr euch, vor zwei Jahren habe ich zwei Monate in Mecklenburg-Vorpommern verbracht. Wir hatten eine grandiose Zeit dort, aber ich meine es nicht böse, wenn ich sage, als Vegetarier und Chai-Latte-Junkie hat man es dort nicht gerade leicht.
Ganz anders in Tübingen.
Die Dichte an veganen Lokalen, Bio-Läden und nachhaltigen Vintage-Stores habe ich in der Art noch nirgendwo gesehen.

Ich selbst bin ja eher der Individualbesucher und suche mir meine Wege gerne selbst, was einem in Tübingen auch überhaupt nicht schwerfällt. Mit Stadtplan und Reiseführer bewaffnet haben wir die Stadt am Neckar erkundet. Für jeden, der sich lieber auf Ortskundige verlassen möchte, stehen jede Menge unterschiedliche Führungen zur Verfügung. Vom klassischen Altstadtspaziergang, über kulinarische Touren, spezielle Themenführungen – im Grunde sollte jedes Interesse befriedigt werden können, was bei vierzig angebotenen thematischen Führungen auch kein Wunder ist.

Wir haben unseren Tübingentag mit einem gemütlichen Morgenspaziergang entlang der Platanenallee auf der Neckarinsel gestartet. Von dort aus hat man eine perfekte Sicht auf das Altstadtpanorama – die Neckarfront – und den Hölderlinturm (in einem der Zimmer lebte der Dichter Friedrich Hölderlin von 1807 bis zu seinem Tod 1843), das Wahrzeichen der Stadt. Über die Eberhardsbrücke – das perfekte Fotomotiv – sind wir weiter Richtung Rathaus spaziert.
Übrigens, wenn wir schon beim Thema Fotomotiv sind: ganz ehrlich, Tübingen ist ein einziges perfektes Fotomotiv. Wie ich bereits vor ein paar Tagen erzählt habe, hatte ich beinahe Angst, mein “Auslösefinger” würde irgendwann in den Streik treten. Jedes Mal, wenn ich die Kamera wegpacken wollte, um einfach nur das Flair zu genießen, bin ich über die nächste beeindruckende Hausfassade gestolpert oder wollte eine idyllische Straßenszene einfangen.

Wir sind den Neckar entlang bis zum Evangelischen Stift (Ausbildungsstätte evangelischer Theologiestudenten) spaziert und dann beim wunderschönen Rathaus am Marktplatz gelandet. Das historische Rathaus stammt auf dem Jahr 1435 und besticht durch die unvergleichliche Fassade mit Friesen und Bemalungen. Da wir früh unterwegs waren, war der Wochenmarkt gerade im vollen Gange und wir haben uns gleich einmal ein Frühstück besorgt. Auf einem Mäuerchen hinter der Stiftskirche mit Sonne im Gesicht haben wir dieses dann genossen und das war so ein Moment, ach, ihr wisst schon – ein Lieblingsmoment. Eindeutig.

Wir hatten so ein Glück mit dem Wetter. Bis zu Mittag ist das Thermometer tatsächlich noch einmal weit über die zwanzig Grad Marke geklettert, also besser hätten wir es nicht treffen können – und das Anfang Oktober. Nur mit kurzärmligen Shirt sind wir über Kopfsteinpflaster durch die Tübinger Straßen geschlendert, von einem zum nächsten beeindruckenden Gebäude gestolpert, bis es Zeit für mein absolutes Tageshighlight wurde:

DIE STOCHERKAHNFAHRT

Wer nach Tübingen kommt und keine Stocherkahnfahrt macht – nein, Blödsinn, das wird so oder so nicht passieren. Bevor ich euch mitnehme auf einen der entspannendsten Momente überhaupt, erzähle ich euch noch, was es mit diesem Stocherkahn überhaupt auf sich hat.
Stocherkähne sind Flachboote, die auf dem Neckar in Tübingen nur mit Stocherstangen fortbewegt werden. Dabei handelt es sich um eine Zille, die zwar gerne mit venezianischen Gondeln verglichen wird, sich allerdings erheblich durch den Aufbau und die Fortbewegungsart unterscheidet.Der “Stocherer” steht am Ende des Bootes und bewegt das sechs bis zwölf Meter lange Boot rein mit Stößen einer bis zu sieben Meter langen Stange vom Grund des Neckars ab. Die Zille kann bis zu achtzehn Passagiere befördern. Die Sitzbretter werden vor jeder Fahrt sowohl flach als auch vertikal als Rückenlehne in den Kahn eingesetzt.
Ursprünglich wurden mit dem Stocherkahn natürlich nicht nur Touristen befördert, sondern sie wurden von den Neckarfischern eingesetzt. Sie sind ein langer Bestandteile der Tübinger Kultur und wie bereits erwähnt ein Must-do, wenn ihr nach Tübingen kommt. 130 Stocherkähne sind auf dem Neckar zugelassen und werden nach wie vor auch gerne von den Tübinger Bewohnern genutzt, nicht nur von Besuchern.
Im Herbst werden die Kähne für die Überwinterung aus dem Wasser geholt und im Frühjahr wieder zu Wasser gelassen.Jetzt aber genug der erklärenden Worte, steigt vorsichtig zu mir in den Kahn, dann kann es auch schon losgehen. Am besten ihr schließt die Augen, damit ihr euch ganz diesem Gefühl – diesem entschleunigenden Gefühl – hingeben könnt. Okay, nein, geschlossene Augen sind nicht wirklich hilfreich, dann könnt ihr ja nicht weiterlesen. Also lasst die Augen doch besser offen, aber stellt euch einfach vor, ihr hättet sie geschlossen. Das bekommt ihr doch hin, oder?

Wenn man im Duden nachschlägt, sollte man neben dem Wort Entschleunigung, auch das Wort Stocherkahnfahrt finden. Egal wie sehr ich grüble, ich kann mich an nichts erinnern, das sich jemals so entspannend angefühlt hat. Zu Beginn der Tour konnten wir das einmalige Panorama der Altstadt ganz gemütlich vom Wasser aus genießen. Nachdem wir das städtische Leben hinter uns gelassen haben, hat uns nichts mehr außer Grün umgeben.
Und Stille.
Absolute Stille.
Selbst das Plätschern des Wassers war mehr Vorstellung als wirklich hörbar.
Die Sonne, die sich immer wieder durchs Blätterdach gekämpft hat.
Das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln.
Sonst nichts.
Kein Straßenlärm, kein Geschrei – keine Menschen.
Nur. Stille.

Ich habe mich gegen die schräge Rückenlehne gelehnt, die Augen in den Himmel beziehungsweise gegen das Blätterdach über mir gerichtet und war vollkommen in diesem Augenblick. Ich war in Tübingen oder an einem anderen Ort der Welt. Ich war ganz in dem Moment und irgendwie gleichzeitig woanders. Aber vor allem war ich absolut tiefenentspannt.
Sind wir mal ehrlich, das ist ein Wort, das wir hundertmal gelesen und von uns gegeben, aber noch nie so richtig gespürt haben.
Bei keiner Massage, bei keinem Sonnenbad am Strand, noch nie habe ich mich so gefühlt.

Von mir aus hätte diese Fahrt ewig andauern können, aber nach einer Stunde war sie leider trotzdem vorbei. Doch eines kann ich euch sagen, allein dafür würde ich jederzeit wiederkommen und das habe ich auch fix vor.
Das entspannte Lächeln nach der Stocherkahnfahrt habe ich den ganzen Tag nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Wir sind im Anschluss zurück in die Altstadt spaziert, haben die Ammergasse und die Judengasse durchwandert, sind am Pfleghof und am Nonnenhaus vorbeigeschlendert, haben kleine Läden durchstöbert und sind schlussendlich irgendwie durch Zufall im Hanse, also im Café Hanseatica gelandet, das ich sowieso auf meiner Liste hatte.
Das Lokal ist seinem Stil seit 60 Jahren treu geblieben und ihr wisst ja, wie sehr ich so etwas liebe. Das Hanse ist in Tübingen eine kulturelle Institution. Das Stehcafé erinnert sofort an Italien und ich habe mich mal wieder von der ersten Sekunde an verliebt.

Veganes Bananenbrot und Chai mit Erbsenmlich – und das entspannte Stocherkahnlächeln hat sich weiter ausgebreitet. Für mich gibt es kaum eine herrlichere Beschäftigung, als in einem Café zu sitzen und einfach das Flair aufzusaugen, Passanten zu beobachten und das Jetzt zu inhalieren – und das war eigentlich auch so ein Lieblingsmoment des Tages.

Ausgeruht und gestärkt sind wir danach zum etwas höher gelegenen Schloss Hohentübingen – erstmals 1078 erwähnt – spaziert und konnten von dort aus eine wunderschöne Sicht auf die Stadt am Neckar von oben genießen. Im 18. Jahrhundert hat die Festung ihre militärische Bedeutung verloren, wurde nach und nach der Universität überlassen und beherbergt heute das Museum der Universität Tübingen.

Auf Kultur folgt immer Vergnügen und wir haben den Rest des Tages mit Sonne im Gesicht verbracht. Auf den Stufen der Stiftskirche versammeln sich täglich Jung und Alt und saugen dieses kontrastreiche Tübingenleben auf. Mit musikalischer Untermalung eines äußerst talentierten Straßenkünstlers war das auch schon wieder so ein Moment – na kommt, jetzt alle gemeinsam -, ein Lieblingsmoment.

Bevor es zum Dinner im Ludwigs gegangen ist, sind wir noch in den Alten Botanischen Garten spaziert und haben dort das studentische Flair noch einmal pur erleben können. Es gibt nun mal keine Stadt auf diesem Planeten, in der ich nicht ein Plätzchen im Gras finde, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages einzufangen.

Was für ein spannender, interessanter, sonniger, warmer, wunderschöner, herrlicher, einzigartiger, unvergesslicher Tag in der kleinen großen Stadt Tübingen. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich die Stadt bisher nicht wirklich am Schirm und bin so froh, dass ich die Gelegenheit hatte, dieses Studentenstädtchen näher kennenzulernen, denn ich habe bisher eindeutig etwas verpasst – darf ich noch einmal die Stocherkahnfahrt ins Gedächtnis rufen. Ab und zu macht es wirklich Sinn, auch Orte zu erkunden, die nicht sowieso schon jeder besucht. Einfach selbst die versteckte Schönheit im Unbekannten finden.
Naja, oder ihr haltet euch einfach an mich und ich spiele den Wegbereiter für euch!

eine Lieben, ich weiß, ich weiß, so nach zwei Tagen auf den Beinen können die Füße schon ganz schön schmerzen, deshalb lasse ich euch jetzt ein paar Tage zur Erholung, bevor es zum Finale unseres Road Trips geht. Wir sehen bzw. lesen uns am Donnerstag in Stuttgart wieder und ich freue mich schon jetzt auf euch. Genießt inzwischen den Oktober in vollen Zügen – hach Herbst, was bist du schön – und vergesst nicht: love&peace,

(*Quelle Wikipedia, zur Verfügung gestelltes Printmaterial und eigene Erfahrungen)